Remscheid Gedenken an den Tag der Katastrophe

Remscheid · Es waren damals schlimme Tage, mit großem Leid und aufgebrachten Gemütern. Der Flugzeugabsturz meißelt sich als bisher größte Tragödie von Remscheid in Friedenszeiten ins Gedächtnis. Sieben Menschen starben, 50 wurden verletzt.

 Gedenken an die Opfer des Flugzeugabsturzes. Oberbürgermeister Burkhard Mast-Weisz (r.) und eine Besuchergruppe im Ehrenhain. Foto: Christian

Gedenken an die Opfer des Flugzeugabsturzes. Oberbürgermeister Burkhard Mast-Weisz (r.) und eine Besuchergruppe im Ehrenhain. Foto: Christian

Foto: Peiseler

Katastrophen landen im Archiv, und ihre Konturen verblassen in der kollektiven Erinnerung. Bei Rudi Reuter ist die Erinnerung an den 8. Dezember 1988, als ein amerikanischer Bomber auf die Häuser an der Stockder Straße stürzte, nicht verblasst. Dem stattlichen Mann mit weißem Haar und kräftigen Händen bricht die Stimme, als er gestern von dem Nachmittag in der Trümmerlandschaft bei der Gedenkstunde im Ehrenhain in Reinshagen erzählt, zu der Oberbürgermeister Burkhard Mast-Weisz geladen hatte.

Vom Absturz erfuhr er auf der Dienstfahrt und lenkte direkt zum Unglücksort. Seine Frau Karla besuchte jeden Mittag in der Stockder Straße 129 ihre Mutter. Den Anbau, in dem die Schwiegermutter lebte, hat der Aufprall des Flugzeugs weggesprengt. "Ich habe mit den Polizisten vier Stunden lang die Trümmer durchsucht. Meine Frau war nicht zu finden. Da habe ich mich hingesetzt und erst einmal geheult."

Es war ein Zufall, dass Karla Reuter sich beim Besuch ihrer 76-jährigen Mutter an diesem Tag verspätete. Sie war aufgehalten worden. "Der Arzt hat gesagt, meine Mutter habe nicht leiden müssen", erinnert sich Klara Reuter. Als sie vor der Wohnung ihrer Mutter stand, war nur noch eine Wand zu sehen. Auf ihren Mann hat sie in einer Gaststätte gewartet und von dort seine Firma angerufen. "Plötzlich reichte mir einer ein Telefon und sagte, ihre Frau will sie sprechen", erzählt Reuter. Hinter seinen Brillengläsern spiegelt sich für einen Moment die freudige Erschütterung über die unverhoffte Nachricht. Es waren damals schlimme Tage, mit großem Leid und aufgebrachten Gemütern.

Der Absturz meißelt sich als bisher größte Tragödie von Remscheid in Friedenszeiten ins Gedächtnis. Sieben Menschen starben, 50 wurden verletzt, 20 Häuser zerstört. Wie so oft ist es eine unheilvolle Verkettung von Fehlentscheidungen, die zum Absturz der Maschine vom Typ A-10 führt. "Thunderbolt" heißt dieser Flugzeugtyp. Die Piloten nennen ihn aber "Warthog", Warzenschwein, wegen der beiden hinten am Rumpf sitzenden Triebwerke, die an Hauer erinnern. Am Donnerstag, 8. Dezember 1988, starten gegen 13 Uhr 18 A-10-Jets in Zweier-Formationen, sogenannten Rotten, vom Fliegerhorst Nörvenich in Köln, um im Westerwald Tiefflüge zu üben.

Über dem Bergischen Land herrscht Sichtflugverbot. Doch der Rottenführer hält am Befehl fest. Sein Flügelmann Michael Foster irrt in der trüben Suppe zu tief über Remscheid umher und seine Maschine zerschellt schließlich mit einer Geschwindigkeit von 500 km/h in der Stockder Straße. Bernd Niebuhr, damals Mitarbeiter des Technischen Hilfswerkes, hat die Leichenteile des Piloten aus dem Wrack gekratzt. "Ich habe den Kopf in der Hand gehalten. Der Mann hatte kein Gesicht mehr", erinnert sich Niebuhr. Bis zum Umfallen haben er und seine Kumpel am Unglücksort geholfen. Der Tag der Katastrophe ist für ihn unvergesslich. Aber schmerzlich ist die Erinnerung nicht. "Ich habe das alles ganz gut verarbeitet."

(RP)
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