Remscheid Für frühes Abschiednehmen in Würde

Remscheid · Ein Nähkreis schneidert auf Anregung der Krankenhaus-Pfarrerin Schlafsäckchen für Bestattung totgeborener Kinder.

 Renate Pfeng und Doris Belzer (v.l.) vom Nähkreis der evangelischen Kirchengemeinde Lennep zeigen liebevoll gestaltete Schlafsäckchen.

Renate Pfeng und Doris Belzer (v.l.) vom Nähkreis der evangelischen Kirchengemeinde Lennep zeigen liebevoll gestaltete Schlafsäckchen.

Foto: Schütz

Es ist kaum vorstellbar und gehört wohl zum Schlimmsten, was angehenden Eltern passieren kann: Das eigene Kind stirbt bei der Geburt oder kommt nicht lebensfähig zur Welt. Bis noch vor einigen Jahren war es diesen Eltern kaum möglich, in Würde von ihrem totgeborenen Kind Abschied zu nehmen. Das weiß auch Annette Stoll, die am Sana-Klinikum als Krankenhaus-Pfarrerin arbeitet: "Die gesetzliche Verankerung im Bestattungsrecht ist noch recht jung."

Das Sana-Klinikum ist diesbezüglich Vorreiter, wie Stoll weiter erzählt: "Wir haben den betroffenen Eltern in der Krankenhausseelsorge in Kooperation mit der Frauenklinik schon vor der gesetzlichen Verankerung angeboten, dass sie von ihren totgeborenen Kindern in Würde Abschied nehmen können." Und dazu trägt nun auch ein Nähkreis bei.

Die verstorbenen Kinder werden einmal im Quartal im Rahmen einer Trauerfeier auf dem Friedhof begraben; dort wurde extra eine Grabstelle mit einem Denkmal eingerichtet, die von der Friedhofsverwaltung gepflegt wird. Aber der Prozess des Abschiednehmens beginnt schon früher, beginnt im Kreißsaal, erzählt Stoll. Denn dort werden die Eltern mit der Tatsache konfrontiert, dass ihre Kinder nicht leben werden.

Seit 14 Jahren gibt es nun im Sana-Klinikum die Möglichkeit, dass die totgeborenen Kinder ein sogenanntes Schlafsäckchen angezogen bekommen. "Das ist für die Eltern viel weniger schwer, als wenn sie sie einfach so präsentiert bekommen würden", betont Stoll. Bis zum November des vergangenen Jahres kümmerte sich um diese Anziehsachen ein ehrenamtlicher Verein außerhalb Remscheids.

Das geht auch anders, dachte sich Stoll, als sie im Klinikum zufällig auf Margret Kreuzahler trifft: "Ich kenne sie aus der Gemeinde, wusste, dass sie im Nähkreis der evangelischen Kirchengemeinde Lennep aktiv ist. Und da habe ich sie einfach gefragt, ob sie sich vorstellen könnte, dass sich der Nähkreis um die Schlafsäckchen kümmert", erzählt Stoll. Kreuzahler war von der Idee sofort begeistert und schlug sie im Nähkreis vor: "Da gab es auch direkt Zustimmung", sagt Stoll erfreut.

Und so kümmern sich bis zu neun Damen seit einem guten Dreivierteljahr darum, dass es im Kreißsaal des Sana-Klinikums ausreichend Schlafsäckchen gibt. "Eine ganze Fuhre habe ich schon mit in die Klinik gebracht - und die Damen sind weiter fleißig am Nähen", sagt Stoll lachend.

"Es ist eine schöne Arbeit, weil sie so wichtig ist. Man muss sich nur vorstellen, was das bedeutet, wenn ein Kind bei der Geburt stirbt", sagt eine der rüstigen Rentnerinnen, die teilweise schon seit der Gründung des Nähkreises im Jahr 1981 zusammen nähen. Etwa drei Stunden braucht sie für ein Schlafsäckchen, das auch immer mit einem kleinen Accessoire versehen ist: "Damit die Eltern auch eine Erinnerung mit nach Hause nehmen können", sagt Stoll. Von Traurigkeit ist beim Nähkreis trotz des schweren Themas keine Spur. Denn die Damen sind eine eingeschworene Gruppe: "Wir nähen nicht nur zusammen, wir unternehmen auch viel gemeinsam", sagt eine andere Teilnehmerin. Umso schöner, dass sie damit eine derart sinnvolle Sache unterstützen.

(RP)
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