Wuppertal Einladung zum Einsitzen im Probe-Knast

Wuppertal · Das Projekt "Mauern überwinden" will auf die Situation entlassener Gefängnisinsassen aufmerksam machen.

 Sascha Lappe und Uwe Neubauer (v.l.) beim Aufbau der provisorischen Gefängniszelle am Mirker Bahnhof.

Sascha Lappe und Uwe Neubauer (v.l.) beim Aufbau der provisorischen Gefängniszelle am Mirker Bahnhof.

Foto: Gerhard Bartsch

Es ist dunkel und ganz leise in der schwarzen Zelle am Mirker Bahnhof. Mehr als wenige Minuten hält man es eingesperrt auf der knapp sechs Quadratmeter kleinen Fläche nicht aus. Es gibt kein Fenster. Ein beklemmendes Gefühl macht sich breit. Man will nur noch raus.

Hier in der provisorischen Gefangenenzelle in der Utopiastadt ist das möglich. In einem echten Gefängnis allerdings nicht. Und genau das wollen die Initiatoren des Projekts "Mauern überwinden" mit ihrer Installation auch zeigen. Schauspieler Uwe Neubauer und Kommunikationsdesigner Sascha Lappe haben das Projekt "Mauern überwinden" im Jahr 2014 gegründet. Die beiden Männer helfen entlassenen Häftlingen bei der Resozialisierung. Sie unterstützen sie bei der Arbeits- und Wohnungssuche, engagieren sich für ihre Rechte und helfen ihnen dabei, soziale Kontakte zu knüpfen.

"Es gibt nicht viele Menschen, die sich für Häftlinge einsetzten. Viele helfen ehrenamtlich in Tierschutzvereinen oder in Einrichtungen für Obdachlose. Aber das Thema Knast ist mit Ängsten verbunden und schreckt viele ab", sagt Sascha Lappe. Man höre über die Häftlinge meistens nur etwas in den Nachrichten, wenn etwas Negatives - wie etwa ein Ausbruch - passiert ist. "Wenn sich einer von ihnen während der Haft zum Guten verändert, seine Strafe verbüßt hat und entlassen wird, findet das keine Beachtung. Wir wollen diesen Personen bei ihrem Neuanfang helfen und sie wieder in das gesellschaftliche Leben integrieren", erklärt Sascha Lappe.

Um die Aufmerksamkeit der Bevölkerung auf dieses Thema zu lenken, installierten die beiden Wuppertaler am Sonntag einen "Kunst-Knast" auf dem Gelände am Mirker Bahnhof. Aus schwarz angestrichenen Spanplatten zimmerten sie mit weiteren Helfern eine Zelle. Im Inneren des kleinen Raumes waren sogar eine Toilette, eine Schlafpritsche, ein Fernseher, ein Regal mit Büchern und Poster mit Pin-Up-Mädchen. Zwischendurch wurden originale Aufnahmen aus einem Gefängnis eingespielt. Zu hören waren Schließgeräusche, zufallende Türen und auch gesprochene Texte von Häftlingen. Ein besonderer Hingucker war eine echte Zellentür. Die rund 120 Kilogramm schwere Tür stammt aus der JVA Düsseldorf. "Da sind sogar noch Kritzeleien von Häftlingen dran", sagt Lappe und zeigt auf entsprechende Stellen.

Das "Mauern überwinden"-Team ist derzeit auf der Suche nach Helfern, die das Projekt unterstützen. Das können unter anderem Unterstützung bei der Wohnungs- und Arbeitssuche für entlassene Gefangene, finanzielle Unterstützung für das Projekt oder Hilfe bei der Organisation von Lesungen und weiteren Veranstaltungen rund um das Thema Knast sein.

Informationen zu dem Projekt "Mauern überwinden" und Termine zu weiteren Veranstaltungen der Initiative gibt es im Internet auf: www.mauernüberwinden.de

(RP)
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