Remscheid Flüchtlinge spielen ihr Drama und zeigen ihre Gedankenwelt

Remscheid · Acht geflüchtete Jugendliche aus aller Welt haben zusammen mit zwei Remscheidern und den Theaterpädagoginnen Dilâra Bask'ncund Charlotte Arndt an einem berührenden Bühnenstück gearbeitet. Der Titel: Flucht nach vorne; das Thema: Die Bedeutung von Heimat.

 Heute ist das Stück "Flucht nach vorne" im Johannessaal der Gemeinde St. Suitbertus, Papenberger Straße 14B, zu sehen. Remscheider Flüchtlinge spielen ihr Schicksal.

Heute ist das Stück "Flucht nach vorne" im Johannessaal der Gemeinde St. Suitbertus, Papenberger Straße 14B, zu sehen. Remscheider Flüchtlinge spielen ihr Schicksal.

Foto: Nico Hertgen

Bedrückt schaut Ytebarek auf das gefaltete Blatt in seiner Hand. Er guckt kurz hoch. Schmerzliche Erinnerungen scheinen sich vor seinem inneren Auge abzuspielen. Er blickt wieder zurück auf das Blatt und beginnt zu lesen: "Lieber Papa, liebe Mama. Ich ging von Eritrea in den Sudan. Es war sehr heiß. Nach elf Tagen erreichten wir die Wüste. Dort war es noch heißer. Wir liefen fünf Tage. Kein Wasser, kein Essen. Fünf Menschen tot." Eisige Stille erfüllt den Saal.

Doch es bleibt keine Zeit zum Nachdenken. Schon tritt ein weiterer junger Mann auf die Bühne und beginnt seinen Brief vorzulesen: "...es war nichts in der Türkei, drei Monate war ich da, keine Hilfe, keine Rechte. Ich schlief am Strand. Achtmal habe ich versucht, über einen Kanal nach Griechenland zu kommen. Die Polizei hat mich achtmal zurückgeschickt."

Was den Zuschauer berührt, sind tiefe Gefühle, Besorgnis, Angst, Mitgefühl. Authentisch, weil sie von Menschen ausgelöst werden, denen man ansieht, dass sie in ihrem jungen Leben Schlimmes erlebt haben. Doch auf die Fluchtgeschichte alleine wollten sich die beiden Theaterpädagoginnen Dilâra Bask'nc und Charlotte Arndt nicht beschränken. "Wir wollten die Geflüchteten nicht auf ihre Fluchtgeschichte reduzieren, denn in ihnen steckt auch noch sehr viel anderes." Zwar besteht das Stück aus Erlebnissen der Darsteller, die Flucht wird allerdings nur kurz thematisiert.

Der Fokus liegt auf dem Heimataspekt. "Es ging uns darum, Gemeinsamkeiten herauszuarbeiten, obwohl wir offensichtlich auch verschieden sind", erklärte Basknc. Bei der Arbeit zu diesem Stück, an dem musikalisch auch das Royal Street Orchestra aus Wuppertal mitwirkt, haben alle Teilnehmer viel von sich gegeben. Unter den Teilnehmern aus aller Welt haben sich neue Freunde gefunden, ihre Deutschkenntnisse konnten sie anwenden und verbessern.

Mit schwierigen Fragen haben sie sich auseinander gesetzt: Ist es Glück oder Schicksal, wo wir auf der Welt geboren werden? Wer bestimmt, wer schutzwürdig ist oder nicht, wer in Sicherheit ist oder nicht? Aus einer intensiven, viermonatigen Arbeit ist ein tiefgründiges Werk entstanden. Die jungen Erwachsenen aus aller Welt freuen sich auf viele interessierte Besucher, die bereit sind, Geflüchtete künftig mit anderen Augen wahrzunehmen.

Premiere, heute, 18 Uhr, im Johannessaal der Gemeinde St. Suitbertus, Papenberger Straße 14B. Vorstellung Sonntag, um 17 Uhr. Eintritt frei. Um eine Spende wird gebeten.

(sebu)
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