Serie Stadtgeschichte(n) Filmschatz zeigt fliegenden Artisten

Remscheid · In einer kleinen Serie stellen wir besondere Fundstücke aus dem Remscheider Stadtarchiv vor. Es sind historische Dokumente, die Geschichte und Geschichten erzählen - wie die eines außergewöhnlichen Sprungs vor dem Rathaus 1934.

 40 alte Filmrollen bewahrt das Stadtarchiv auf. Sie zeigen unter anderem den Sprung der "menschlichen Kanonenkugel" Leo Wybierala. Die todesmutige Nummer hatte dessen Bruder Franz Wybierala Anfang der 30er Jahre erfunden und sich dazu eine entsprechende Abschussrampe bauen lassen. Damit trat er auch in Übersee auf.

40 alte Filmrollen bewahrt das Stadtarchiv auf. Sie zeigen unter anderem den Sprung der "menschlichen Kanonenkugel" Leo Wybierala. Die todesmutige Nummer hatte dessen Bruder Franz Wybierala Anfang der 30er Jahre erfunden und sich dazu eine entsprechende Abschussrampe bauen lassen. Damit trat er auch in Übersee auf.

Foto: Moll Jürgen

Der Remscheider Artist Leo Wybierala wirkt wie aus einem frühen Science-Fiction-Film entsprungen. Erträgt einen weißen Overall und einen ebenso weiß gefärbten Feuerwehrhelm, als er nahezu feierlich mit durchgedrücktem Rücken den Remscheider Rathausplatz betritt. Wendig steigt er vor den Augen hunderter Schaulustiger in eine mehrere Meter hohe, selbstgebaute Kanone, die auf ein Fahrzeug montiert ist. Ein Knall, und Wybierala schießt als menschliches Flugobjekt aus der Kanone heraus, vollführt einen Überschlag und landet nach etwa 50 Meter weitem Flug weich auf einem Spannnetz.

Der Film entstand 1934. Es war eine Zeit, lange bevor es Video, Internet oder den massenweisen Gebrauch einer Handycam gab. Ereignisse blieben im Gedächtnis der Menschen kleben, günstigenfalls sind Fotos oder immer mehr auch bewegte Bilder erhalten. Letztere mussten aufwendig erstellt und aufbewahrt werden. Etwa auf sogenannten Planfilmen, eingemottet in Metallboxen und nur abspielbar auf speziellen Projektoren. 40 dieser Filmrollen bewahrt das Stadtarchiv auf. Über einen Projektor verfüge das Archiv nicht, doch seien die Filme größtenteils digitalisiert, sagt Stadtarchivarin Viola Schwanicke.

Die Filme zeigen vergangenes Stadtleben in seiner breiten Vielfalt. Die "Bäderfahrt des Remscheider Kinderchors" (1957) ebenso wie das "Buch mit sieben Siegeln"(1952), ein Steuererklärstück der Stadtverwaltung für Remscheider Steuerbürger - und eben den todesmutigen Artisten Leo Wybierala. Der war nach einem Unfall seines Bruders Franz ins artistische Metier mit der menschlichen Kanonenkugel eingesprungen. Franz war gelernter Werkzeugmacher und mit dem spektakulären Sprung europaweit, ja sogar in Übersee aufgetreten. Bis er einmal neben dem Sprungnetz landete und sich verletzte.

(bu)
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