Im Gespräch mit Barbara Reul-Nocke Ex-Polizisten helfen bei Abschiebungen

Remscheid · Die Dezernentin für Ordnung, Sicherheit und Recht spricht im BM-Interview über das neue Ladenöffnungsgesetz, ein Konzept zum Schutz vor Anschlägen in Remscheid, die Allee-Center-Randale und die Arbeit im Ausländeramt der Stadt.

 Rechtsdezernentin Barbara Reul-Nocke (CDU) beim Interview in der BM-Redaktion.

Rechtsdezernentin Barbara Reul-Nocke (CDU) beim Interview in der BM-Redaktion.

Foto: Jürgen Moll

Frau Reul-Nocke, das lange erwartete neue Gesetz zur Ladenöffnung liegt vor. Wird jetzt alles einfacher?

Barbara Reul-Nocke Das kann man noch nicht sagen. Wenn Verdi die Verordnungen, die auf der neuen Rechtsgrundlage erstellt wurden, beklagen sollte, wird es darum gehen, wie die neuen Begriffe im Gesetz auszulegen sind. Das sind ja unbestimmte Rechtsbegriffe wie "Stärkung der Innenstadt" oder "Ortsteilbelebung". Es geht um die Frage, was muss die Kommune bei diesen Themen an Daten vorlegen, um diese Tatbestände zu erfüllen.

Heißt das, dass die Klärung, ob die beiden ersten offenen Sonntage, die der Rat gerade nach neuem Gesetz beschlossen hat, korrekt begründet wurden, erst eine Überprüfung vor Gericht ergeben kann?

Reul-Nocke Genau. Es gibt zwar nicht mehr die Beweislast für die Stadt, dass die Besucher nicht wegen des offenen Sonntags, sondern wegen der Veranstaltung kommen. Dafür wurden andere Rechtsbegriffe eingeführt, die man wieder interpretieren muss.

Warten die Kommunen also jetzt praktisch auf die erste Klage?

Reul-Nocke Das ist wahrscheinlich. Der Gesetzgeber macht ein Gesetz und begründet, was er damit will. So lange kein Kläger da ist, ist das so. Wenn die Gerichte den Auftrag bekommen, das zu überprüfen, werden sie definieren, was erforderlich ist, um die Tatbestände zu erfüllen.

Das würde uns weiterhelfen?

Reul-Nocke Ja.

Gibt es keinen einfacheren Weg?

Reul-Nocke Ideal wäre, wenn wir mit Verdi eine Vereinbarung treffen könnten. Mein Ansatz ist, dass wir ein Signal aussenden, indem wir nicht die laut Gesetz 16 möglichen Sonntage anpeilen, sondern mit elf darunter bleiben. Das zeigt, dass die Kommune den Regelfall, die Sonntagsruhe, nicht aushebeln will. Die Sonntagsöffnung bleibt die Ausnahme. Wir wollen einen vernünftigen Kompromiss unter allen Beteiligten. Die Geschichte der vergangenen Jahre zeigt ja, dass es mal möglich war, mit Verdi zu Vereinbarungen zu kommen. Ich finde es schade, dass das zuletzt nicht mehr geklappt hat.

Gibt es denn aktuell Signale von Verdi?

Reul-Nocke Nein. Ich gehe aber davon aus, dass sich Verdi nicht unbedingt die beiden Remscheider Veranstaltungen heraussucht, um das neue Gesetz zu überprüfen.

Eine spezielle Remscheider Note des Themas ist der Streit um die offenen Sonntage im Advent. Hilft das neue Gesetz da weiter?

Reul-Nocke An der Stelle hat sich das Gesetz nicht geändert. Es können weiterhin nur an zwei Adventssonntagen verkaufsoffene Sonntage in den Stadtteilen stattfinden. Sind also mehr als zwei angemeldet, würde das parallele Veranstaltungen bedeuten.

Ein ganz anderes Thema ist durch die Amokfahrt in Münster wieder in den Blick gerückt?. Wie weit ist Ihr Dezernat mit den Plänen zum Schutz von öffentlichen Plätzen?

Reul-Nocke Wir haben verschiedene Möglichkeiten geprüft, auch technisch, und werden die Ergebnisse der Politik vorstellen. Es geht ganz grundsätzlich um die Frage, was ich schützen will. Geht es nur um Veranstaltungen oder geht es ganz allgemein auch um eine Fußgängerzone? Die Vergangenheit zeigt, dass die Taten sich nicht nur auf Veranstaltungen konzentrieren, sondern willkürlich da stattfinden, wo viele Menschen sind.

Was ist Ihr Ansatz?

Reul-Nocke Wenn wir das Thema allgemein auf Plätze ausweiten, wo viele Menschen sind, werden wir nicht fertig, dann müssen wir den Kreis immer größer ziehen. Es geht ja, wie der Fall in Münster zeigt, nicht mehr nur um Terroranschläge, sondern auch um Amokfahrten. Die Lösung muss auch praktikabel sein. Wir haben etwa auf der Allee oder auf dem Rathausplatz viele Nutzungen, die wir bedenken müssen.

Schlagen Sie der Politik also verschiedene Varianten vor?

Reul-Nocke So ist es geplant. Ein Poller etwa bremst ein Auto etwas ab, es macht Krach, wenn er umgefahren wird, aber er hält es nicht auf. Einen absoluten Schutz gibt es nicht.

Heißt das, dass eine der aufgezeigten Varianten sein wird, dass man gar nichts macht, weil es absoluten Schutz nicht gibt?

Reul-Nocke Ja, auch diese Variante ist dabei. Auch diesen Gedanken muss man berücksichtigen. Wir stellen verschiedene Möglichkeiten vor, und stellen auch dar, was diese kosten würden und was an Ausstattung erforderlich ist.

Im Durchgangsbereich des Allee-Centers zum Rathaus kommt es nach Geschäftsschluss zu Vandalismus. Die CDU sieht die Stadt gefordert.

Reul-Nocke Der kommunale Ordnungsdienst (KOD) geht schon länger rund um das Allee-Center Streife. Das Center selber ist ein privates Gebäude. Wenn ich dort als Stadt Streife gehe, muss ich das auch auf andere private Objekte ausweiten. Der Durchgang ist als gewidmeter Weg damals beim Bau des Centers von der Politik so gewollt worden. Wenn die Politik das ändern will, muss sie die dafür die nötigen Beschlüsse fassen, etwa indem sie dieses Stück entwidmet. Der KOD kann das Problem alleine nicht lösen. Wir haben uns mal angeschaut, wann es dort zuletzt zu Polizeieinsätzen gekommen ist. Das waren oft Zeiten am Abend, wo der private Wachdienst des Centers noch im Einsatz ist.

Die Polizei sagt, wir haben kein Sicherheitsproblem in der Innenstadt.

reul-Nocke So sehe ich das auch. Wir haben wie in jeder anderen Großstadt auch sozial auffällige Menschen, die sich an öffentlichen Plätzen versammeln. Wenn sie dort vermehrt kontrollieren, verlagert sich die Szene an eine andere Stelle, aber sie beamen sie damit nicht aus der Stadt. Das muss man zur Kenntnis nehmen. In Remscheid ist dieses Problem im Vergleich zu anderen Städten noch relativ gering.

Der erste Teil ihrer Amtszeit war bestimmt von der Flüchtlingskrise und ihrer Auswirkungen in Remscheid. Wo stehen wir heute bei dem Thema?

Reul-Nocke Die Arbeit hat sich verlagert. Es steht nicht mehr die Frage der Unterbringung der Menschen im Fokus, weil die Anzahl der Personen, die kommen, viel geringer geworden ist. Viel höher auf der Agenda ist jetzt die Umsetzung der Gesetze, insbesondere bei denjenigen, die kein Bleiberecht haben. Das bedeutet aufenhaltsbeendende Maßnahmen durchzuführen - und das konsequent. Der erste Schritt ist eine sehr intensive Beratung für eine freiwillige Rückkehr, da gibt es viele Hilfen und Programme.

Das haben auch viele Menschen genutzt. Aber es gibt Menschen, die nicht freiwillig zurückwollen. Aus unterschiedlichen Gründen. Da geht es dann auch um Abschiebungen. Wobei auch da in jedem Einzelfall geprüft wird, ob sich die Menschen mit ihren Kindern hier schon integriert haben. Wenn ich das aber verneine, muss ich auch den Schritt machen und sehr konsequent abschieben. Ich glaube, dass das richtig ist.

Das ist sicher keine leichte Aufgabe für ihre Mitarbeiter?

Reul-Nocke Das stimmt. Wir haben gemeinsam in den Fachdiensten überlegt, wie wird das organisieren. Seit einigen Wochen haben wir zwei pensionierte Polizeibeamte auf geringfügiger Basis eingestellt, die uns bei der Durchführung der Abschiebung unterstützen. Sie kommen bei den Fahrten zum Flughafen zum Einsatz. Das hilft uns sehr. Die Polizisten sind für diese Situationen, in denen es auch zu Gewalt kommen kann, besser geschult. Wir haben bisher nur gute Rückmeldungen.

HENNING RÖSER FÜHRTE DAS GESPRÄCH

(RP)
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