Remscheid Europa zwischen Leben und Tod

Remscheid · In seinem Kabarettprogramm "Europa, der Kreisverkehr und ein Todesfall" zeichnet Altmeister Thomas Freitag in der Klosterkirche die Geschichte Europas nach. Aus der Bühne wurde in Lennep eine Haltestelle.

 Die Bühne in der Klosterkirche wurde zur Haltestelle: Kabarettist Thomas Freitag veranschaulichte seine Gedanken mit überraschenden und absurden Bildern.

Die Bühne in der Klosterkirche wurde zur Haltestelle: Kabarettist Thomas Freitag veranschaulichte seine Gedanken mit überraschenden und absurden Bildern.

Foto: Bernd Geisler

REMSCHEID Peter Rübenbauer, der leidenschaftliche Beamte der EU und zuständig für Kreisverkehre, kommt in seinem eigenen Konstrukt zu Fall: Ein Linksfahrer aus England erwischt ihn. Und jetzt schwebt Rübenbauer zwischen Leben und Tod irgendwo im Niemandsland. Eine verlassene Haltestelle mit einer armseligen Holzbank sind Zeichen seiner (Nicht-) Existenz. Er fragt sich: "Bin ich nicht mehr in der EU?"

Hinter Peter Rübenbauer steckt Thomas Freitag und mimt den Beamten, um herrlich über die EU herzuziehen: Er hat jetzt (endlich) Zeit, sich seinen Gedanken hinzugeben, längst verblichene Personen zu treffen und Rückblenden zu halten. Dieses Milieu füllt er dank seiner guten Schauspielerei blendend aus. Seinen scharfzüngigen Witz streut er wie Sahnehäubchen ein und veranschaulicht damit seine Gedanken mit überraschenden, absurden Bildern. In der EU könne jeder machen, was er wolle, nur wir Deutschen nicht, sagt er.

Und dann regt sich Rübenbauer über die Osteuropäer auf: "Wer hat die damals aufgenommen? Wie die aussehen mit ihren Koteletten und Oberlippenbärten - und dann erst die Männer!" Dieser Lacher ist gezielt gesetzt. Wie im Übrigen auch alle anderen. Freitag weiß immer wieder zu verblüffen. Bei den Engländern sei zum Beispiel das Pferderennen der Höhepunkt des Jahres, sagt er. Der gesamte Adel ist vertreten. Und man fragt sich: Wer ist adelig, wer ist Pferd?

In der Gestalt des Bürgermeisters der Leberkäse-Hauptstadt Brunzhausen, ein griesgrämiger, zweiter Franz Josef Strauß, erklärt er die EU: In der EU könne jeder Leberkäse machen wie auch die Bratwurst. Bei so mancher Bratwurst aus Osteuropa brauche man sich nicht um den Grillzustand kümmern: Infolge heftigen Bakterienbefalls spricht die Bratwurst, wenn sie fertig ist. Natürlich habe der Osten auch sein Gutes. Die Araber haben die Null erfunden, und wir haben sie übernommen. Sie konnte später sogar Verkehrsminister werden.

Und so geht's Schlag auf Schlag. Mit beachtlicher Stimme imitiert er den schwäbischen, protestantischen Selbstmordattentäter, der mit einem Sprengstoffgürtel aus Birkenstock-Sandalen und gebrauchten Wollsocken die Welt aus den Angeln heben will. Im Himmel warten auf ihn 36 Sozialpädagoginnen mit Doppelnamen. Zeus, der Sage nach der eigentliche Begründer Europas, muss heute im Restaurant "Poseidon" als Hilfskraft arbeiten. Von ihm ist auf der Speisekarte nur die Zeusplatte für drei Personen übriggeblieben. Freitag will wieder zurück zu den Anfängen Europas: Gleiche und freie Menschen sollen ohne Grenzen zusammenleben können. Das haben die Besucher verstanden, nicht zuletzt aufgrund seines beißenden, klugen Hohns.

(begei)
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