Remscheid Erfinder, Entdecker, Freund des Sultans

Remscheid · Vor 160 Jahren wurde der Remscheider Unternehmer Reinhard Mannesmann geboren. Das von ihm und seinem Bruder Max erfundene Verfahren zur Herstellung nahtloser Rohre ebnete den Weg zum Weltkonzern. Marokko war sein Traum.

Die prächtige Villa in Remscheid- Bliedinghausen ist das Stein gewordene Sinnbild eines Mannes, der es geschafft hatte und der auf der Welt herum gekommen war: Steinerne Löwen bewachen die Auffahrt des Prachtbaus mit Parkanlage, Schwimmbad und Tennisplätzen. "Das Haus war voller Erinnerungen an die Reisen und Aufenthalte in fernen Ländern", berichtet Prof. Horst A. Wessel, Vorsitzender des Vereins Mannesmann-Haus. Im Treppenhaus stand ein ausgestopfter riesiger Braunbär aus Sibirien. In anderen Räumen hingen Jagdtrophäen aus dem Wilden Westen, dem Balkan, dem Kaukasus sowie Südamerika, ebenso Silberschmuck und kostbare Waffen.

Unermesslicher Reichtum, Jagd- und Reiselust und sein Erfindergeist, der den Mannemännern den Weg zum Weltkonzern ebnen sollte, gehörten ebenso zur Biografie Reinhard Mannesmanns (1856-1922) wie das Scheitern seines Versuchs, Marokko wirtschaftlich zu entwickeln und dessen Erzvorkommen für die deutsche Wirtschaft nutbar zu machen. Doch wer war dieser Reinhard Mannesmann, der als Unternehmer weite politische Kreise zog, die bis ins Weiße Haus reichten, der mit Geistesgrößen der Zeit wie Alfred Nobel verkehrte?

Prof. Horst A. Wessel, der viele Jahre das Mannesmann-Archiv geleitet hat, ist mit der Lebensgeschichte des Unternehmers bestens vertraut. Mannesmanns Kindheit in Remscheid-Bliedinghausen, wo der Vater Reinhard Mannesmann sen. eine Stahl- und Feilenfabrik leitete, prägt den Jungen nachhaltig. 1870 bezog die Familie mit fünf Töchtern und sechs Söhnen dort ein großes neu erbautes Haus mit Musik- und Billardzimmer. Doch war der kleine Reinhard kein typisches Wohlstandskind. Sein Vater weckte die Kinder morgens um sechs Uhr und lehrte sie strenge Disziplin. Reinhard besuchte die Höhere Bürgerschule im benachbarten Lennep, es folgten die Hochschulreife an einer Realschule in Düsseldorf sowie eine technische Hochschulausbildung in Hannover, Berlin und Heidelberg.

Nach Reinhards Rückkehr in die väterliche Fabrik nach Remscheid begann der steile Aufstieg der Brüder Max und Reinhard Mannesmann zu Shooting-Stars der deutschen Ingenieurs- und Konstrukteursgeschichte. Bereits 1878 hatten Reinhard und Max ihr erstes Patent für einen Schallverstärker für das neue Kommunikationsmittel Telefon erhalten. Auch einen Torpedo, ein schweres Unterwassergeschoss mit eigenem Antrieb, hatten sie entwickelt. Durch das mit seinem Bruder Max erfundene Mannesmann-Verfahren zur Herstellung nahtloser Rohre aus dem massiven Stahlblock allein durch Walzen habe Reinhard die technische Welt revolutioniert, ist Wessel überzeugt. Es werde bis heute im Remscheider Mannesmann-Werk angewendet. Mit seiner Marokko-Mission hatte Reinhard Mannesmann weniger Glück. Sie begann auf seiner Hochzeitsreise dorthin im Jahr 1906. Sprachgewandtheit und diplomatisches Geschick öffneten Mannesmann viele Türen. Sein Interesse galt den Bodenschätzen das Landes, doch trat er nicht als Kolonialherr auf, sondern ließ Straßen und Häuser bauen. Der Außenminister Marokkos, Sultan Sidi Mohammed Ben Asus, besuchte ihn 1908 in Remscheid (Foto oben). Doch schließlich machten die politische Entwicklung und die Niederlage Deutschlands im Ersten Weltkrieg Mannesmanns Träume zunichte.

Im Weltkrieg wurden die Mannesmann-Werke zur Waffenschmiede. Zum Wiederaufbau blieb Mannesmann wenig Zeit. Er starb 1922 im Alter von 66 Jahren an den Folgen der Malaria, die er sich in Nordafrika zugezogen hatte.

(bu)
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