Remscheid Eine Zeitreise in die Lenneper Historie

Remscheid · Historiker und Autor Wilhelm R. Schmidt erzählte bei der Führung von schrägen Typen und vergessenen Bauten.

 Wilhelm R. Schmidt (rechts) führte Interessierte durch Lennep.

Wilhelm R. Schmidt (rechts) führte Interessierte durch Lennep.

Foto: Schütz Michael

Eine Zeitreise "Mit schrägen Typen durch das alte Lennep" erlebten jetzt über 20 Teilnehmer beim Spaziergang durch die Geschichte Lenneps zwischen 1850 und 1906.

Im Ferienprogramm für alle "Zurückgebliebenen" offenbarte der Lennep-Historiker und Autor Wilhelm R. Schmidt aus Gießen seine Geburtsstadt im Licht der Szenerien und zwischenmenschlichen Geschehnisse vor über 100 Jahren. Vom Start- und Zielpunkt Röntgenmuseum aus zog sich der Spazierweg quer durch die historischen Gassen und rund um die Altstadt. Schließlich wohnten die "schrägen Typen" im Stadtkern verstreut oder trieben ihren Schabernack an den verschiedensten Orten in Lennep.

Gerüstet mit Fachwissen, Ortskenntnis und sichtlichem Spaß machte der Stadtführer die gut gelaunte Gruppe mit den Originalen, den schrägen Typen, bekannt. "Max und Moritz wurden sie genannt", erklärte Schmidt in der Schwelmerstraße und zeigte zum Vergleich ein historisches Foto mit der Häuserreihe, in denen die Lenneper Spitzbuben einst ihr Unwesen trieben. "Dort wohnte eine Hebamme, auch weise Frau genannt. Sie hatte eine geschmiedete Türglocke." Sehr verständlich, dass sie es nachts nicht als lustig empfunden haben muss, als Max und Moritz ihr einen Knochen an die Türglocke gehängt hatten, den ein Hund abzubeißen versucht hatte.

Schmidt wusste vom "zentnerschweren" Verleger Peter Hackenberg zu berichten, der in der Pilgergasse einen Halbkreis in den Tisch sägen ließ, um genug Platz zum Speisen zu haben. Mit trockenem Humor beschrieb Schmidt die Anekdoten um die Marktkadetten (Mattkadetten), die für einen Taler Schnaps oder Bier in die Wirtshäuser hievten und sich vom Lohn Bier oder Schnaps kauften. Auch die anschaulichen Erzählungen um die "Fusel-Freunde" sorgten für Lachsalven. Sie hatten aus Geldnot ihre eigene Tugend gemacht und Wasser in Schnaps "verwandelt". Leider bei den Wirten, die den Betrug zu spät bemerkt hatten.

Anhand von historischen Materialien wertete Schmidt über die Jahre das Wissen um Lenneps Geschichte aus. "Immer, wenn ich zum Beispiel eine alte Postkarte oder ein Foto bekomme, schaue ich es mir genau an. Es gibt so viel zu entdecken", schwärmte er. So konnte er belegen, dass der Blick vom Geburtshaus Röntgens auf die Pastoratstraße schon vor 1900 "eins der beliebtesten Fotomotive" gewesen war. "Hier war auch die Metzgerei Drösser ansässig gewesen. Bis heute erzählen die Leute, dass dort auf einem Schild gestanden hatte: Auf Wunsch schlage ich Ihnen die Knochen ein." Mit Wehmut schilderte Schmidt am Mollplatz die Villenpracht rund um das ehemalige "Lüttringhauser Tor" (heute Mollplatz), den das große Kaiserdenkmal zierte. Die schönen Gebäude, um 1820 gebaut, "wurden leider wegsaniert", bedauerte er. Bei der intensiven stadtgeschichtlichen Forschungsarbeit fehlt ihm selbst Zeit für die Suche nach historischem Material. Um Spenden oder Leihgaben ist er dankbar. Die Einnahmen für die Führung spendet der Stadtführer und überweist in dieser Woche Geld an die Lebenshilfe am Thüringsberg.

Für außerordentliche Führungen mit Geschichten um Max und Moritz, dem Ratten-Daniel, Schnidder Halsöverkopp oder dem Geld backenden Brezelbäcker können sich interessierte Gruppen bei Wilhelm R. Schmidt anmelden unter der Telefonnummer 064124318.

(RP)
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