Remscheid Eine neue Partitur der Empfindungen geöffnet

Remscheid · Beziehungsreich erklang das Motto des ersten Kammerkonzerts der Bergischen Symphoniker in der neuen Saison "The trees they grow so high". Nicht nur, weil es der Titel eines irischen Liedes von Benjamin Britten war, sondern weil sich die junge Mezzostimme von Milena Haunhorst biegsam und leicht aufblühende Höhen erschloss. Das Bild des jungen, aufwachsenden Baumes konnte sich durchaus einstellen. Gemeinsam mit ihren Eltern, stellvertretende Soloflötistin Doris Lange-Haunhorst und Konzertmeister Martin Haunhorst, mit Bratschistin Johanna Seffen und Cellist Christian Kircher - alle vier von den Bergischen Symphonikern - konzertierte sie Lieder und Kammermusik aus einer Zeit, in der "man meint, nicht zu Hause zu sein." So beschrieb Martin Haunorst die Musik aus der Zeit des Nachimpressionismus, in der sich die strengen Formen der Klassik in die Weite der Zwölftonmusik öffnete. Neue, ungewohnte, zu Licht und schimmernden Akkorden führende Tonfolgen, voller Sehnsucht und Vagheit - die wenigen Zuhörer im Foyer erlebten eines der schönsten Kammerkonzerte der letzten Zeit.

Die Quartettfassungen der irischen Liebeslieder habe Haunhorst nach dem Klaviersatz Benjamin Brittens erarbeitet. Sie lassen für die volle, sehr gut formende und immer auch wie schwerelos tragenden Stimme Milena Haunhorsts einen fein gewebten Teppich der Flöten- und Streicherfarben entstehen.

Mit dem Lied über die Nachtigall "Rossignol, mon mignon" von Albert Roussel begann ein empfindsamer Dialog zwischen den virtuosen Koloraturen der Flöte und dem melancholisch klagenden Mädchengesang. Christian Kircher spielte das einfühlsame Cello, zugleich war er ein charmanter Moderator, der die vielen bittersüßen Geschichten der Liebeslieder beschrieb. Zum Schluss des Konzerts wies er auf die große Leistung eines jungen Menschen hin, der sich zur Ausbildung seiner Stimme entschließt. Diese wächst eben nicht von allein, wie der junge Baum, sondern muss gepflegt und geformt werden.

Milena Haunhorst studiert bei Rachel Robins an der Folkwang Universität in Essen. Sicher und von innerer Ruhe getragen sang sie ausdrucksvoll Frank Martins "Vier Sonnette für Cassandra". In Brittens burleskem "The brisk young widow" setzte sie sehr gekonnt buffoartige Gestik ein. Mit den vier Tänzen für Flöte und Violine spielte das Ehepaar Haunhorst im reinen und reizvollen Duo. Das Trio für Violine, Viola und Cello von Jean Francais erklang mit durchsichtigen Flageolett-Passagen, die in stimmungsvolle, filmmusikartige Patien kristalline Klarheit brachten.

Glücklich machten die vielen neuen Empfindungen das Publikum.

(gsm)
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