Remscheid Die Kunst der Energiezufuhr

Remscheid · Der Künstler Imi Knoebel (76) zeigt im Skulpturenpark seinen "Raum 19" und andere Bilder.

 Farbflächen des Malers Imi Knoebel sind im Skulpturenpark zu sehen.

Farbflächen des Malers Imi Knoebel sind im Skulpturenpark zu sehen.

Foto: Christian Peiseler

Die obere Halle im Skulpturenpark "Waldfrieden" in Wuppertal hat ihre Transparenz verloren. Kein Licht fällt mehr durch die Wände aus Glas. Der Künstler Imi Knoebel hat sie mit weißer Farbe übermalt. Von unten bis oben, von rechts nach links, alle vier Seiten. Die Natur bleibt draußen.

 Tony Cragg (l.) und Imi Knoebel bei der Eröffnung.

Tony Cragg (l.) und Imi Knoebel bei der Eröffnung.

Foto: Peiseler Christian

In diesem weißen Kubus zeigt Knoebel, der Herr der Hartfaserplatten, eine Weiterentwicklung seines "Raum 19". Hunderte Holzleisten, Keilrahmen und Hartfaserwürfel stapeln sich in der Installation, die wie ein Lagerraum aussieht. An der linken Seite begrenzt eine hellgelb schimmernde blockkraftwerkartige Batterie die Materialsammlung, die auch frische Spuren von Sägespänen aufweist. Fremd, verstörend, unangepasst, reduziert, konzentriert und monolithisch - diese Attribute schreibt man der Arbeit zu.

Die sinnliche Wirkung des unbenutzten Materials korrespondiert mit einer abstrakteren Ebene. Die Batterie am linken Rand steht für unerschöpfliche Energie. Energie, mit der sich Kunst schaffen ließe.

Anstatt eines Bildes malte er nur Bildmaße an die Wand oder stellte Rahmen her. "Das Talent zu porträtieren und exakt zu zeichnen, ist mir nicht gegeben. Deswegen habe ich auf andere Art Bilder kreiert", sagte der Beuys-Schüler Knoebel bei der Eröffnung seiner Ausstellung im Skulpturenpark.

Knoebel (76) ist ein radikal-minimalistischer Künstler, der unbeirrt seinen Weg geht und in der Gegenwartskunst eine ziemliche Ausnahmeposition einnimmt. Das brachte dem mehrmaligen Documenta-Teilnehmer weit über die Grenzen Deutschlands hinaus hohe Anerkennung ein. Seine Positionen gelten in ihrer Radikalität und Stringenz als unumstritten, auch wenn er nicht so bekannt ist wie etwa Gerhard Richter oder Sigmar Polke. Knoebel wäre nicht "Imi" geworden ohne seinen engen Freund Rainer Giese, mit dem zusammen er sich 1965 durch ein gehöriges Maß an Chuzpe und Frechheit in die Klasse von Joseph Beuys kämpfte. "Imi und Imi" nannte sich das unzertrennliche Duo, und damit meinten sie nicht etwa das gleichnamige Waschmittel, sondern "ich mit ihm". Giese nahm sich 1974 das Leben.

Knoebels zweiter wichtiger Freund, Blinky Palermo, wurde nur 33 Jahre alt und starb 1977. Knoebel ging seinen Weg allein weiter. Von Palermos Kunst nahm er die Farbe mit, die es zuvor in seinem Werk nicht gab.

Knoebels in Wuppertal gezeigten Bilder in den Grundfarben rot, gelb und blau erinnern in ihrer geometrischen Sachlichkeit an Piet Mondrian oder auch an Barnett Newman. In der unteren Ausstellungshalle des Skulpturenparks hängen fünf Werke. "Fishing yellow" oder "Ort - Rot Blau Blau Gelb" heißen die Titel. Knoebel bezieht sich in seiner Farbgebung auf die Farbenlehre Goethes. Zur Farbe Gelb heißt es bei Goethe: "Sie führt in ihrer höchsten Reinheit immer die Natur des Heilen mit sich und besitzt eine heitere, muntere, sanft reizende Eigenschaft."

Knoebel zählte zwar zu den Meisterschülern von Beuys. Den wichtigsten Impuls aber lieferte ihm der russische Revolutionskünstler Kasimir Malewitsch (1878 bis 1935) mit seinem "Schwarzes Quadrat" (1915) und dem Manifest "Die gegenstandslose Welt". Es steht für den Endpunkt der Kunst, und dort setzte Knoebel an. Mit Tony Cragg, dem Bildhauer-Kollegen und Betreiber des Parks, verbindet ihn die gemeinsame Herkunft aus dem Minimalismus. "So wie Imi Knoebel wollte auch ich nie etwas darstellen", sagte Cragg bei der Eröffnung.

Knoebel selbst meint übrigens, dass er keine Begabung als Künstler habe. Das verriet er seinem Freund Johannes Stüttgen, ebenfalls ein Beuys-Schüler, in einem Interview. "Ich bin auch stolz darauf. Stolz darauf auch, ohne diese Begabung in dieser Kunstgeschichte zu sein", sagt Knoebel im Interview.

Sein Lehrer Beuys, der den "erweiterten Kunstbegriff" in die Kunstgeschichte einführte, habe ihn im legendären "Raum 19" in der Düsseldorfer Kunstakademie komplett gewähren lassen. "Er war eine unwahrscheinliche Persönlichkeit und hat mir die Kraft gegeben, so etwas zu machen", sagt Knoebel.

"Raum 19" in seinen Variationen und Weiterentwicklungen ist eines der bekanntesten Werke Knoebels. Die Nationalgalerie in Berlin und das Guggenheim Museum in New York haben "Raum 19" gezeigt. Nun ist er im Skulpturenpark in Wuppertal zu sehen.

Info Adresse: Skulpturenpark Waldfrieden, Hirschstraße 12, Wuppertal, Öffnungszeiten täglich von 10-19 Uhr, außer montags. Bis 3. Dezember ist die Ausstellung mit den Werken von Knoebel in den zwei Hallen zu sehen.

(RP)
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