Remscheid Die Bläser putzen den Himmel frei

Remscheid · Bruckners sechste Symphonie bildete den Höhepunkt des Philharmonischen Konzerts der Bergischen Symphoniker.

Nun ist Bruckners sechste Symphonie A-Dur kein Werk, das als Bildungsgut vorausgesetzt werden kann. Unter den großen Entwürfen des Linzer Meisters gehört sie zu den sperrigsten, und von den Themen der vier Sätze ist kaum eines dabei, das man bei Erreichen der Garderobe öffentlich vorsingen könnte. Und dennoch ist der Nachhall gewaltig. Gleich zu Beginn des ersten Satzes putzen die Bläser den Himmel frei. Das Orchester marschiert unbeirrbar an der Grenze zur Transzendenz entlang. Dort hält es sich bei dieser gut einstündigen Musikdröhnung am liebesten auf, wechselt allerdings immer wieder die Stimmungslagen. Wie im zweiten Satz, in dem der Klang der Violinen einen dicken Trauerrand trägt, und die Bratschen im ewigen Weltschmerz baden.

Generalmusikdirektor Peter Kuhn erreicht beim letzten Konzert in diesem Jahr Wunderbares: Er imprägnierte das Melodiöse der Musik gegen die aggressiven Gase des Brucknerschen Satzes. Aber er wusste auch große Abläufe wie Kathedralen in den Raum zu stellen - und wenn kompositorisch wenig passierte (was bei der Sechsten gelegentlich der Fall ist), hörte man einfach dem Orchester zu. Die Streicher klangen warm ummantelt, man hörte eine wunderbare Homogenität der Hörner, vernahm Holzbläser, die staunend machten.

Eine Dopingprobe hat Wagners Ouvertüre seiner Oper "Die Feen" knapp bestanden. Seine Melodienbögen sind noch nicht mit den Suchtmitteln aufgeladen, die er verschwenderisch im "Tannhäuser" oder fast toxisch in "Tristan und Isolde" einsetzt. Die romantisch infizierten Klangwellen werden gerne mal von den Geigen punktiert. Wagners frühes Werk ist etwas für Marihuanaraucher. Eine Einstiegsdroge, die einen früher oder später zu härteren Sachen greifen lassen wird. Kuhns Dirigat hielt Wagner geschickt von jeder Antidrogenwarnung fern.

Es sind Töne aus einem Land voll Stolz und Wehmut, die der junge Geiger Tobias Feldmann seiner Stradivari entlockt. Feldmann webt die Tonfolgen bei Karl Goldmarks Konzert Nr.1 für Violine harmonisch in das zarte und luftige Klangnetz des Orchesters ein. Wie ein Surfer reitet er auf dem Wellenkamm, fühlt sich aber auch im tiefen Klangtal wohl. Die anspruchsvollen Soloparts spielt er exzellent. Klangschönheit geht aber vor Virtuosität. Das Publikum spendete herzlichen Applaus. Bruckner ist schwere Kost, da kam keiner mehr aus den Sitzen hoch.

(RP)
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