Remscheid Deutsche Tugend und türkisches Temperament

Remscheid · Die Journalistin Hatice Akyün las aus ihrem Buch "Verfluchte anatolische Bergziegenkacke. Oder wie mein Vater sagen würde: Wenn die Wut kommt, geht der Verstand" in der Zentralbibliothek.

 Einen humorvollen und kurzweiligen Abend bescherte die Autorin Hatice Akyün den Zuhörern in der Zentralbibliothek.

Einen humorvollen und kurzweiligen Abend bescherte die Autorin Hatice Akyün den Zuhörern in der Zentralbibliothek.

Foto: Jürgen Moll

Über das Leben zwischen zwei Kulturen sprach Hatice Akyün in der Zentralbibliothek. Die deutsch-türkische Journalistin und Autorin war im Rahmen der Caritas Kampagne "Vielfalt. Viel wert" nach Remscheid eingeladen worden, um unter dem Motto "Heimat" über ihre Erfahrungen mit kultureller Vielfalt aus Anatolien, dem Ruhrpott und Berlin zu berichten. Ein humorvoller, kurzweiliger und vor allem aufschlussreicher Abend, den die Besucher aufmerksam verfolgten.

Heimat, das ist für Hatice Akyün nicht ihr kleines anatolisches Dorf, wo sie 1969 geboren wurde und das sie als Dreijährige mit ihren Geschwistern und Eltern verließ. Es ist nicht New York, wo sie als junge Frau ein Jahr als Au-Pair arbeitete, auch nicht Berlin, wo sie nun schon seit 15 Jahren lebt. Wenn Hatice Akyün an Heimat denkt, erwachen in ihren Gedanken Bilder aus ihrer Kindheit in Duisburg-Marxloh: Dort, wo sie als Tochter eines Bergmanns aufwuchs, zur Schule ging und auf der Straße mit den Nachbarskindern spielte. Heimat ist für sie das, was sie geprägt hat, wo sie heute noch Wärme empfindet, wenn sie durch die Straßen schlendert. Dennoch sieht sie sich regelmäßig mit der Frage konfrontiert, was sie denn nun eigentlich ist: Deutsche, Türkin, Deutsch-Türkin oder gar Türk-Deutsche? "In erster Linie bin ich ein Mensch", äußert Akyün darauf charmant aber deutlich. "Für mich sind diese Begriffe nur Etiketten, die wir nutzen, um uns selbst zu katalogisieren. Schubladendenken. Ich würde mir wünschen, dass das nicht mehr nötig wäre."

Warum es für Menschen mit Migrationshintergrund so schwierig ist, eine genaue Trennlinie zu ziehen, beschreibt Akyün in ihren Kolumnen für den Berliner Tagesspiegel, die sie nun in einem Buch gesammelt hat. "Verfluchte anatolische Bergziegenkacke. Oder wie mein Vater sagen würde: Wenn die Wut kommt, geht der Verstand" heißt das Werk. Kurze, amüsante Texte aus ihrem Leben, bei denen am Ende immer ihr weiser Vater ein passendes türkisches Sprichwort parat hat.

In Akyün schlummern sowohl deutsche Tugenden, als auch türkisches Temperament, und das erkennt die Journalistin als große Bereicherung an. Eine Bereicherung, von der auch eine kulturell vielfältige Gesellschaft profitiere.

(sebu)
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