Edgar Weber "Das Wetter macht, was es will"

Remscheid · Edgar Weber ist seit 30 Jahren für den Deutschen Wetterdienst als Wetterbeobachter im Bergischen Land im Einsatz.

 Edgar Weber beobachtet die sechs Phasen der Bonsai-Rosskastanie in seinem Garten. Daran zeigt der Meteorologe die Wetterentwicklung auf.

Edgar Weber beobachtet die sechs Phasen der Bonsai-Rosskastanie in seinem Garten. Daran zeigt der Meteorologe die Wetterentwicklung auf.

Foto: Wolfgang Weitzdörfer

Herr Weber, schauen Sie sich den Wetterbericht im Fernsehen an?

Weber Ja, praktisch jeden Tag, meistens im ZDF. Ich verfolge, was die Kollegen so übers Wetter erzählen.

Wie genau kann man das Wetter heute vorhersagen?

Weber Das hängt sehr viel mit Beobachten zusammen. Man kann sich nicht auf einen Tag und eine Stunde genau festlegen. Es heißt ja immer, dass diese oder jene Wetterfront im Anmarsch ist - aber man muss dann schon darauf warten, bis sie auch eintrifft. Und das Wetter kann sich schließlich auch noch in eine andere Richtung entwickeln. Wobei man die große Wetterentwicklung insgesamt schon relativ genau bestimmen kann. Nur der Zeitpunkt ist schwer genau vorherzusagen. Ein Beispiel: Morgen wird es definitiv Regen geben - diese Aussage lässt sich treffen. Man kann aber nicht sagen: Morgen um 14 Uhr wird es regnen.

Was ist das Handwerkszeug zur Wetterbestimmung?

Weber Im Grunde nur ein Kugelschreiber und mein Tagebuch. Darin trage ich möglichst täglich meine Beobachtungen ein. Es genügt schon eine kurze Notiz. Die werden dann in einem Meldebogen für den Deutschen Wetterdienst zusammengefasst. Einmal pro Jahr, meist im Dezember, mache ich den Meldebogen fertig. Da wird dann zum Beispiel eingetragen, wann die Forsythie blüht oder wann der Holunder seine Beeren bekommt. Seit 1987 mache ich das schon für den Deutschen Wetterdienst. Meine Haupttätigkeit besteht also im Beobachten der Pflanzen.

Wie sind Sie zu dieser ehrenamtlichen Tätigkeit gekommen?

Weber Ich hatte einen Arbeitskollegen, Wolfgang Herber. Mit dem habe ich mich immer über das Pilzsammeln unterhalten. Darüber kamen wir dann irgendwann auch zum Thema Wetterbeobachtung. Er hat das bereits für den Wetterdienst für die Region Wuppertal gemacht - und den Kollegen vorgeschlagen, dass ich das ja auch für das Bergische Land machen könnte. Und so bin ich dazu gekommen.

Was halten Sie von den Bauernregeln - stimmen die?

Weber An den Bauernregeln sind viele Wahrheiten dran. Viel trifft tatsächlich zu. Und das auch jenseits von eher lustigen Regeln wie: "Wenn's Silvester stürmt und schneit, ist das Neujahr nicht mehr weit."

Haben Sie unter den Bauernregeln einen Favoriten?

Weber Vielleicht folgende, weil sie so häufig zutrifft: "Drei König noch kein Winter ist, nicht mehr damit zu rechnen ist." Das stimmt meiner Beobachtung nach wirklich - auch über viele Jahre hinweg.

Regnet es hier bei uns im Bergischen Land denn tatsächlich so übermäßig viel?

Weber In Radevormwald regnet es der Statistik zufolge deutschlandweit am häufigsten, also kann man das durchaus so sagen. Das ist vielleicht kein schönes Prädikat, aber es stimmt einfach. Und es ist nun einmal so, dass der Regen, der aus dem Westen von den Niederlanden kommt, sich bei uns abregnet. Deshalb sind die Westseiten der Häuser auch oft bemoost und grün.

Beobachten Sie das Wetter auch über die Region hinaus?

Weber Ja, das Thema interessiert mich einfach sehr. Ich habe auch nach der Reaktorkatastrophe von Tschernobyl beobachtet, dass man mit Waldpilzen vorsichtig sein musste und auch keinen Rhabarber ernten sollte. Das Wetter brachte quasi durch Wind und Regen die Folgeschäden des Unfalls bis zu uns.

Bemerken Sie den Klimawandel anhand Ihrer Beobachtungen auch im Bergischen?

Weber Ja, durchaus. So verlagern sich zum Beispiel die Eintrittsphasen, etwa von der Blütezeit bestimmter Pflanzen, zeitlich teilweise deutlich nach vorne. Das heißt, dass die kalten Jahreszeiten immer kürzer werden - ein eindeutiges Zeichen des Klimawandels.

Wie lange kann man das Wetter seriös vorhersagen?

Weber Seriös kann man das gar nicht. Alles, was man im Internet sehen kann, diese vielen Wetter-Webseiten - davon halte ich nichts. Das Wetter macht nämlich, was es will. Diese langen Vorhersagen über zwei Wochen oder sogar noch längere Zeiträume sind definitiv unseriös.

Man kann aber zumindest Tendenzen erkennen?

Weber Meine kleine Wetterstation, die im Wohnzimmer hängt, ist, was Tendenzen angeht, schon sehr genau. Darauf kann man sich verlassen. Das ersetzt aber natürlich auch nicht die Beobachtung, denn die muss ich auf jeden Fall zusätzlich machen.

Machen die Wetter-Seiten im Internet den klassischen Wetterbericht überflüssig?

Weber Nein, das sicher nicht. Aber diese beiden Angebote ergänzen sich ein Stück weit.

Könnten Sie anhand ihrer Beobachtung sagen, wie das Wetter morgen wird?

Weber Es bliebe auf jeden Fall spekulativ. Man kann es nicht wirklich vorhersagen. Ich weiß nicht, wie das Wetter morgen wird - und das, obwohl ich mich sehr intensiv damit beschäftige. Was ich hingegen sagen kann: Am Himmel ist eine Schönwetter- oder eine Schlechtwetterwolke zu sehen. Aber wann und ob das schöne oder schlechte Wetter dann tatsächlich kommt, weiß ich auch nicht.

Haben Sie persönlich einen Lieblings-Wetterfrosch?

Weber Ich mag Claudia Kleinert recht gerne, die in der ARD das Wetter in den Tagesthemen oder in der Tagesschau präsentiert.

DAS INTERVIEW FÜHRTE WOLFGANG WEITZDÖRFER.

(RP)
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