Remscheid Bürger: Markt stirbt langsam vor sich hin

Remscheid · Seit Jahren versucht die Stadt, Markt und untere Alleestraße zu beleben. Doch die Remscheider sind weiter unzufrieden.

 Der Markt an der unteren Alleestraße ist weiterhin ein städtebauliches Problemfeld.

Der Markt an der unteren Alleestraße ist weiterhin ein städtebauliches Problemfeld.

Foto: Nico Hertgen

Tot, trostlos, unangenehm - es sind nicht die schönsten Eigenschaften, die die Remscheider mit dem Markt und der unteren Alleestraße verbinden. Doch woran liegt das?

Seit Jahren ist der Markt und der letzte Abschnitt der Alleestraße Thema - der letzte vom Allee-Center aus kommend natürlich. Denn genau dort liegt das Problem. "Alles zentriert sich nach oben", sagt Christina Kramarsek. Und: "Hier unten kommt doch nichts mehr", heißt es von allen Seiten. "Das hat man städtebaulich verpasst", sagt Günter Czympiel. Doch was stört die Remscheider eigentlich so an dieser Ecke? Wer sich schon einmal gefragt hat, warum die anliegende Pinguin-Apotheke Pflanzenkästen vor der ovalen Fensterfront aufgestellt hat, bekommt Einblicke in das Eigenleben am Markt.

"Früher war der Markt der zentrale Platz", sagt Günter Czympiel. "Früher hatten wir hier ein Blumengeschäft, einen Schallplatten-Laden und einen Friseur", sagt auch Bärbel Beran. Früher, das hört man oft. Doch Friseure und Geschäfte gibt es dort auch heute noch. Nur heißen die jetzt "Marmaris", "Andalus" und "Gaziantep" und fallen manchen vielleicht gar nicht auf. Doch auch für diejenige Generation, die dieses Früher gar nicht kennt, ist der Markt wenig attraktiv. "Es gibt nichts, wofür es sich lohnen könnte, hierher zu kommen", sagt die 16-jährige Oona. Und ihr Klassenkamerad Julian fügt hinzu: "Wenn wir ausgehen wollen, fahren wir nach Düsseldorf". "Der untere Teil der Alleestaße ist tot", sagt auch Christina Kramarsek. "Remscheid ist tot", wirft eine Passantin gar ein. Vor allem fehle es an kulturellem Angebot.

Andrea Ludwig, Inhaberin der Pinguin-Apotheke, beobachtet das Marktgeschehen seit 15 Jahren. "Als wir 2000 hier eingezogen sind", erzählt sie, "hatten wir ziemlich schnell ein Problem". Anwohner beschwerten sich, die Geschäfte der Apotheke liefen schlechter. Aber Polizei und Ordnungsamt konnten nicht helfen: Im Schutz der Apotheke entstand ein Treffpunkt für zehn bis 20 Obdachlose, die sich in den Fensterkästen des Arzneimittelgeschäfts ansiedelten, erzählt Andrea Ludwig. Für die Gruppe war das ziemlich praktisch, da sie die Außensteckdosen der Apotheke für ihre Musikanlagen nutzen konnten. Für die Nachbarn war das vor allem Lärmbelästigung. Doch Ordnungsamt und Polizei waren die Hände gebunden, erzählt Inhaberin Andrea Ludwig. Schließlich sei die Gruppe friedlich gewesen. Also hat man sich für die Pflanzenkästen entschieden, in der Hoffnung, die Gruppe möge weiter ziehen. "Man sieht viel Armut hier", sagt Sedat Zorlu. Dem Lüttringhauser ist das Markt-Publikum zwar noch nie übel aufgefallen, wohl aber die vielen Dönerbuden. Als gebürtiger Türke isst er dort natürlich gerne, sagt er. Aber ein bisschen mehr Abwechslung könne es schon sein, findet Zorlu.

Und so denken viele; auch über die Billigläden. In Remscheid würde nicht viel Geld ausgegeben, sagt Juwelier Akti Abdullah. Seinen "Juwelier Özlem" am Markt gibt es auch in Köln. Doch dort kämen die Kollegen kaum zum Essen, sagt Akti Abdullah. In Remscheid sei alles immer ganz ruhig. Dabei sehen das die Remscheider ganz anders: "Wir wollen qualitativ hochwertige Geschäfte hier", sagt Christina Kramarsek. Viele Menschen würden gerne mehr ausgeben, doch dafür auch Qualität und guten Service verlangen. Es fehle an Metzgern, Cafés und Lebensmittelgeschäften. Aber viele Immobilien stehen seit Jahren leer. "Weil die Mieten zu hoch sind", schätzt Günter Czympiel. Apothekerin Andrea Ludwig wünscht sich, dass auch dieser Teil der Stadt mehr Aufmerksamkeit bekommt: "Warum macht man hier nicht auch einen Weihnachtsmarkt?"

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