Ratingen Zwischen den Welten und doch zu Hause

Ratingen · Devakumaran Manickavasagan ist Flüchtlingshelfer und spielt im Kinofilm "Happy welcome" eine tragende Rolle.

Viele fühlen sich berufen, ihr oft bloß theoretisches und ungenügendes Wissen in die Welt zu posaunen. So ein Typ ist Devakumaran Manickavasagan nicht. Mit Fingerspitzengefühl weiß er Flüchtlingen zu helfen. Denn wie es ist, als Grenzgänger zwischen den Welten einen schmalen Grat zu gehen, weiß er aus Erfahrung. Seine Eltern waren aus Sri Lanka geflüchtet. Er selbst ist in einem Asylbewerberheim groß geworden. 1982 war das.

"Über West-Berlin kamen meine Eltern nach Ratingen", erinnert sich der inzwischen 28-Jährige. Der Vater arbeitete im Reformhaus, die Mutter kümmerte sich um Klein- Devakumaran, übrigens hier geboren, und seine Geschwister. "Als Kind hast du nichts anderes zu tun, als die Welt zu entdecken", erinnert er sich an die Zeit an der Auffangadresse Am Sandbach. "Das Umfeld war nicht so prickelnd", die Konfrontation mit Deutschen, die eine indifferente Angst vor allem Fremden gehabt hätten, sei schlimm gewesen. Auch beim Start in der Grundschule bekam er "soziale Unterschiede deutlich zu spüren. Mein Schulranzen war eben bloß mit dem Nötigsten gefüllt". Die Mitschüler hatten von allem mehr als genug. Aber auch innerfamiliär gab es Auseinandersetzungen, "das Konfliktpotenzial lag in meiner deutschen Ausprägung und den familiär-traditionellen Wurzeln".

Die Willkommenskultur zu pflegen, dabei aber auch ein kleines Einmaleins im Land geltender Benimmregeln zu vermitteln und vor allem dafür zu sorgen, dass über den Spracherwerb eine Integration gelingt, sind Aufgaben, denen er als Flüchtlingshelfer nachgeht. "Egal, wie emotional anstrengend die Arbeit mit Kindern ist, ich versuche ihnen, so viel Rüstzeug wie möglich mitzugeben."

Wie das funktioniert und was ihn dabei umtreibt, "zeitweilig ersatzweise in die Vaterrolle zu schlüpfen", hat er bereits ausgiebig 2012 in dem von ihm verfassten Buch " Im Glashaus gefangen zwischen Welten" beschrieben.

"Es thematisiert das Leben von Kindern und Jugendlichen, die zwischen zwei Kulturen in Deutschland aufwachsen. Darin bin ich der verborgenen Gefühls-und Gedankenwelt nachgegangen, die mögliche Gründe für eine verfehlte Integration liefern könnte." Durch dieses Buch und seinen Einsatz für Flüchtlinge - inzwischen arbeitete der Wahl-Kölner für die Johanniter Unfall-Hilfe - wurde der Dokumentarfilmer Walter Steffen auf ihn aufmerksam. "Zufällig liefen wir uns in der Erstaufnahmeeinrichtung über den Weg."

Erst ging es nur um Details über den Aufbau dieser Notunterkunft, dann ums Mitmachen. "Als einer der zentralen Protagonisten im Film habe ich die jetzige Situation in Bezug auf das Thema Integration durch meine eigenen Erfahrungen in Deutschland unterstreichen können", erzählt er.

Wie fühlt sich ein Neuankömmling zwischen den Welten, auf der Suche nach einer neuen Identität, gefangen zwischen so vielen Erlebnissen, traumatisiert von Flucht und Vertreibung, verängstigt von der Sorge um die Zukunft? Das Ergebnis heißt "Happy Welcome" und ist ein nachdenklich stimmender Film.

"Auf diesen Zeitpunkt habe ich lange gewartet", beschreibt Devakumaran Manickavasagan seine eigene Gefühlsgemengelage nach so vielen Jahren. "Heute bin ich in der Lage, ohne Tränen in den Augen an die damalige zeit zu denken." Zwischen den Welten könne keiner wandern. "Man muss seinen eigenen Weg gehen. Aber dafür braucht es Unterstützung."

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