Heiligenhaus Wirbel um die richtige Einwohnerzahl

Heiligenhaus · Die Stadt klagt: Verfassungsbeschwerde gegen Ergebnisse der Zensus-Volkszählung liegt inzwischen in Münster vor.

 So sehen sich die Zensus-Zähler selbst: die Eigenwerbung des Statistischen Bundesamtes. Die Ergebnisse der Zählung bleiben umstritten.

So sehen sich die Zensus-Zähler selbst: die Eigenwerbung des Statistischen Bundesamtes. Die Ergebnisse der Zählung bleiben umstritten.

Foto: Statist. Bundesamt/RP-Archiv

Das Landesverfassungsgericht in Münster befasst sich aktuell mit der Frage, wie viele Heiligenhauser in der Stadt wohnen. Das ist die Folge der stichprobenhaften Erhebung der Landesstatistiker im Jahr 2011. In Heiligenhaus wie auch in anderen Kommunen wich das Ergebnis markant von den Zahlen des jeweiligen kommunalen Melderegisters ab. Die SPD-Landtagsabgeordnete Elisabeth Müller-Witt erwartet ein "Urteil, mit dem Weichen gestellt werden". Dabei geht es für die klagenden Kommunen um viel Geld.

Wie Müller-Witt auf Anfrage erläuterte, hat sich die Stadt Heiligenhaus den Klagen der Städte Velbert, Much und Bonn angeschlossen. Prozessgegner sind der Landesbetrieb IT.NRW und das Land.

Die Zahlen: Die Landesstatistik ("Zensus") weist für die Stadt 25 560 Einwohner aus. So stand es auch im letztgültigen Bescheid des Landes, der im Heiligenhauser Rathaus einging. Die von der Stadt zum 30. Juni 2011 festgestellte Einwohnerzahl zählt dagegen 26 547 Heiligenhauser.

Die erste Reaktion: "Wir haben zunächst einen Brief an Innenminister Jäger geschrieben und klargemacht, dass wir mit den Zensusergebnissen nicht einverstanden sind und gegen sie vorgehen. Zugleich erwarten wir, dass die aus unserer Sicht fehlerhaften Daten nicht zur Bemessungsgrundlage für die Zuweisung von Landesgeldern genutzt werden", so sagte die zuständige Fachbereichsleiterin Kerstin Plambeck bereits unmittelbar nach Bekanntwerden der Streitigkeiten im Gespräch mit der RP. Genau das aber ist der Fall. "Das Land legt trotz des schwebenden Verfahrens umstrittene Daten für Zuweisungen zugrunde." Antwort aus dem Ministerium: Zu diesem Verfahren gebe es keine Alternative, man halte sich an Recht und Gesetz.

Die Folgen: "Wir wissen nicht, wo der Fehler liegt", kommentiert Müller-Witt. Nicht leichter wird das komplette Verfahren dadurch, dass die Originale der Zensus-Fragebögen inzwischen vernichtet sind - entsprechend den gesetzlichen Vorgaben für den Umgang mit diesen Daten. Fakt ist auch: Die Stadt Heiligenhaus muss auf 600.000 Euro verzichten. Landes- und Bundesgelder fließen teils nach einem Verteilschlüssel, der sich eben an der Bevölkerungszahl in einer Stadt orientiert.

Die Kritik der Kläger: Bei dem für die Erhebung ausgewählten Personenkreis wurden die Auskunftspflichtigen, die vor Ort tatsächlich angetroffen wurden, als "existent" eingestuft. Demnach wurden Personen, die im Melderegister zwar gemeldet, jedoch zu Hause mehrfach nicht angetroffen wurden, nach Kerstin Plambecks Worten schlicht als "nicht existent" eingestuft. Zum Stand des Verfahrens sagt der Landtagsabgeordnete Wilhelm Droste (CDU) auf Anfrage: Das Zensus- Verfahren, indem über 70 Kommunen in NRW gegen das Verfahren zur Erhebung der Einwohnerzahlen klagen, ist seit 2014 anhängig beim Landesverfassungsgericht in Münster. Einen Termin zur Urteilsfindung hat es seither nicht gegeben. Allerdings, so Droste, wurde erneut Klage erhoben für das Jahr 2015.

Die Perspektive: "Im Falle eines Urteils sind mögliche Auswirkungen auf die finanziellen Zuweisungen an die Kommunen im Rahmen der Klagebefugnis von den Klägern im Einzelnen konkret vorzutragen und vom zuständigen Gericht zu bewerten. Das beklagte Land nimmt hierzu konkret Stellung. Ob sich im Falle erfolgreicher Klagen konkrete Auswirkungen auf die finanziellen Zuweisungen ergeben, ist anhand der verschiedenen Fachgesetze im Einzelfall zu prüfen", so Droste.

(RP)
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