Ratingen Wer sucht, der findet: Tag der Archive in Ratingen

Düsseldorf · Joachim Schulz-Hönerlage ist Diplom-Archivar im Stadtarchiv und Mitglied im Verband Deutscher Archivarinnen und Archivare (VdA). Er hat den Tag der Archive nach Ratingen geholt.

Archive sind das Gedächtnis der Stadt, Region, Nation. Sie wirken oft muffig. Schulz-Hönerlages Urkunden sind aus Pergament, die Rechnungs- und Amtsbücher aus Papier. An den digitalen Archivierungsmethoden sei das Zeitgemäße oft der Nachteil. Die Technologie überhole sich nämlich alle paar Jahre selbst. Er fragt: "Wer könnte sich heute noch eine Diskette vorstellen?"

Man sei außerdem immer auf technische Hilfsmittel angewiesen, wenn man zum Beispiel eine CD lesen möchte. Mikrofilme könnte man zur Not auch mit bloßem Auge erkennen. Auf solche archaischen Sicherheitsgaranten spielt der Archivar auch an, wenn er erzählt, dass die Nationalschätze der Bundesrepublik in einem atombombensicheren Bunker bei Freiburg aufbewahrt werden.

Vor allem ältere Besucher nehmen Einsicht an diesem Tag. Sie hören gebannt zu, als Schulz-Hönerlage von der "Stadtkiste" erzählt, dem ersten Aufbewahrungsgefäß für Urkunden im Turm von Peter und Paul. Sie fassen die welligen, raschelnden Pergamentseiten eines alten Magistratsprotokolls an, reiben sie vorsichtig zwischen den Fingern. "Es fühlt sich an wie Leder", meint eine junge Frau verwundert.

Im Keller hat man einen Bücherbasar aufgebaut. "Schau mal, Christa, ist das nicht irre?", ruft eine braun gelockte Dame quer über den Büchertisch. Sie zeigt auf ein aufgeblättertes Gruppenfoto aus einer alten Zeitung. Die Frauen finden Verwandte und Bekannte wieder. Eine Pressemappe der St. Sebastiani-Bruderschaft von 1983 reiht sich neben eine Hösel-Dokumentation, diese steht ein paar Bücher vor den Büchern zu anderen Städten. Ein liebevoll gemachter Band Federzeichnungen zu Monschau gerät in die Finger.

Der Schatz, auf den alle warten, hängt in einem dunklen Raum, 17 bis 19 Grad, 50 Prozent Luftfeuchtigkeit. Der Duft einer Universitätsbibliothek liegt in der Luft, obwohl dies ein alter Raum im Anne-Frank-Schulgebäude ist. Ein Luftbefeuchter surrt in der Ecke. Da öffnet Schulz-Hönerlage einen grauen Metallschrank und macht die Sicht auf die Stadterhebungsurkunde der Stadt Ratingen vom 11. Dezember 1276 frei. Die Besucher staunen. Sie ist in etwa so groß wie ein Platzdeckchen, nur mit weniger Klecksen drauf, nämlich genau drei. Die Urkunde vom Grafen Adolf von Berg und Frau Elisabeth konstatiert in schwarzer geschwungener Schrift: "Dem Dorf Ratingen wurde Freiheit gegeben". Dieses Recht musste von jedem nächsten Landesherren erneuert werden.

Die Stelle der Fachangestellten für Medien und Informationsdienste jedenfalls, ausgefüllt von der jungen Yvonne Runte, müsste auch wieder bekräftigt werden. Sie soll aber schon bald gestrichen werden. Dann wäre der Archivar Joachim Schulz-Hönerlage für das Gedächtnis Ratingens im Stadtarchiv alleine zuständig.

(RP)
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