Kreis Mettmann Wenn schon mit 16 die Karriere startet

Kreis Mettmann · Die Fachhochschule der Wirtschaft in Mettmann (FHDW) kooperiert mit dem Berufskolleg Neandertal. Das Ziel: Jugendliche ohne Abitur zu motivieren, in der Höheren Handelsschule mehr zu lernen als andere, um dann zu studieren und erfolgreich im Job zu landen.

 Berufskolleg-Schüler lernen einmal die Woche in der Fachhochschule - dort wollen sie später ja auch mal studieren.

Berufskolleg-Schüler lernen einmal die Woche in der Fachhochschule - dort wollen sie später ja auch mal studieren.

Foto: Ralph Matzerath

Ulrich Dey ist ein Kind der 70er- und 80er-Jahre. Sein heutiges Credo als Lehrer speist sich aus den hehren Bildungszielen dieser Zeit: "Wir wollen die Schüler zu selbstständigen und eigenverantwortlichen Menschen erziehen", sagt der stellvertretende Schulleiter des Berufskollegs Neandertal. Noch heute spürt man bei leidenschaftlichen Diskussionen mit ihm, wie sehr ihm die Zukunft der jungen Menschen am Herzen liegt. So sehr, dass er und seine Kollegin Jutta Altenburg sich mit dem Fachbereich Wirtschaft und Verwaltung vor fünf Jahren zu einer ungewöhnlichen Kooperation entschlossen haben: Besonders motivierte und leistungsfähige Schüler der Höheren Handelsschule, die eigentlich "nur" auf eine Ausbildung vorbereitet werden, büffeln in den zwei Jahren freiwillig zusätzlichen Lernstoff, machen Praktika in Unternehmen, arbeiten in Projekten. Der Lohn: Ohne Abitur können die Jugendlichen bei erfolgreichem Abschluss ein Studium an der Fachhochschule der Wirtschaft in Mettmann (FHDW) beginnen. Das ist dann der erste Schritt auf einer Karriereleiter, die Nichtabiturienten eigentlich nicht erklimmen können.

Auf den ersten Blick ist es eine Kooperation wie viele in der deutschen Bildungslandschaft. Der zweite Blick aber verrät Besonderes. "Mit unserem erweiterten Bildungsangebot wollen wir Schüler unterstützen, die es in der Regel nicht bis zum Studium schaffen", sagt Altenburg. Leistungsbereite Schüler werden in der "FHDW-Klasse" konzentriert und satteln bis zum Abschluss der Höheren Handelsschule über den normalen Ausbildungsinhalt hinaus kräftig drauf: 13 Wochen Betriebspraktika in den Ferien und viele zusätzliche Kurse.

Wer das schafft, kann nach einer erfolgreichen Bewerbung bei der FHDW studieren. "So ergeben sich für junge Menschen bereits sehr früh erfolgversprechende Karriereaussichten", weiß Altenburg aus Erfahrung.

Von im Schnitt etwa 130 Schülern in der Höheren Handelsschule des Berufskollegs sind etwa 20 pro Jahrgang in der FHDW-Klasse. Der Erfolg gibt dem Modell recht. Etwa 90 Prozent der "Schüler-Studenten" schaffen die Anforderungen und die Qualifikation für die Fachhochschule. Auch wenn Schüler aus unterschiedlichen Gründen anschließend trotzdem "nur" auf den Ausbildungsweg zusteuern, gehen einige zur FHDW und schaffen schließlich den Bachelor.

Altenburg und Dey werben bei allen neuen Schülern, die sich für Wirtschaft interessieren und über einen mittleren Schulabschluss verfügen, für dieses Modell - wenn sie gut sind und wenn sie wollen. "Sie entscheiden sich mit 16 Jahren für diesen Schulweg, verfügen dann nach fünf Jahren über ein Fachabitur und einen Bachelor-Abschluss", sagt Altenburg. So befinden sie sich erfolgreich im Berufsleben, denn die Praktika als Schüler-Studenten wie auch das Duale Studium führen zu Firmenkontakten. Die Betriebswirtschaftler und Wirtschaftsinformatiker sind begehrt, da gibt es praktisch eine Job-Garantie.

Bei der FHDW ist man froh, diesen Weg 2011 eingeschlagen zu haben. "Wir bekommen so junge, leistungsbereite Menschen für ein Studium begeistern, sie eigentlich nicht auf dem Weg dorthin sind", sagt FHDW-Leiter Andreas Brandt. Die Demografie lässt grüßen. In den nächsten Jahren gibt es immer weniger Nachwuchs - und um den bemühen sich Berufskolleg und FHDW sehr früh.

(rei)
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