Ratingen Weihrauch: Duft, der Leben verspricht

Ratingen · Betritt man in Ratingen St. Peter und Paul, spürt man sofort, ohne hinzusehen, man ist in einer katholischen Kirche: Es riecht nach Weihrauch. Lange Zeit, nachdem der festliche Gottesdienst vorbei ist, ist der Duft von Weihrauch hoch im gotischen Gewölbe noch da und verliert sich nie ganz.

 Ein Fenster im Altarraum der Pfarrkirche St. Peter und Paul mit einer Darstellung von Weihrauch.

Ein Fenster im Altarraum der Pfarrkirche St. Peter und Paul mit einer Darstellung von Weihrauch.

Foto: Blazy, Achim (abz)

Weihrauch ist ein altes Zeichen dafür, dass der Mensch hofft, sein Gebet käme bei Gott an, wie es auch der Psalmist im Alten Testament formuliert: "Wie Weihrauch steige mein Gebet vor dir auf, meine Herr und mein Gott." (Ps. 141,2)

 Fass aus dem Jahr 1750, rheinisches Silber, mit glimmendem Weihrauch.

Fass aus dem Jahr 1750, rheinisches Silber, mit glimmendem Weihrauch.

Foto: achim blazy

Die Messdiener sind bemüht, diesem Wunsch mit Hilfe des Weihrauchfasses Rechnung zu tragen. Entsprechend werden Weihrauchkörner auf die glühende Kohle gelegt. Bis zum Dienst als Thuriferar - so heißt derjenige, der das Weihrauchfass schwenken darf - ist es ein weiter Weg. Dieser Dienst ist den Großen vorbehalten. Als kleiner Messdiener fängt man als Akoluth an - als Kerzenträger - und schaut voller Sehnsucht auf die, die für die "heiligen Wolken" während des Gottesdienstes sorgen.

Zuvor muss man mehrere Aufgabenfelder durchlaufen. Aber irgendwann ist es soweit, dass man neben dem Thuriferar das "Schiffchen" tragen darf, in dem die Weihrauchkörner aufbewahrt werden. Das ist das Amt des Navikulars. Dann kommt der Tag, an dem man das Weihrauchfass selbst schwenken darf. Jetzt sollte man nur nicht mit dem Kessel auf den Boden stoßen. Man hätte sich blamiert. Das Rauchfass zu schwenken, hat man schnell heraus. Spannend wird es bei der Inzens, wenn zum Beispiel die Gaben auf dem Altar, der Altar selbst, das Evangeliar, das Altarkreuz, die Osterkerze, die Weihnachtskrippe, der Priester oder die Gemeinde beräuchert (inzensiert) werden. Eine bestimmte Zahl von Erhebungen des Weihrauchfasses sind jeweils vorgesehen, und die silbernen Ketten sollen dabei leise anklingen. In St. Peter und Paul kommen mehrere Weihrauchfässer zum Einsatz. Das älteste stammt aus der Zeit um 1750, ein barockes silbernes Weihrauchfass, eine durchbrochene Treibarbeit. Ein weiteres Rauchfass hat die Form eines romanischen Kuppelreliquiars und wurde 1901 in Düsseldorf hergestellt. Es trägt die Gravur des Stifters aus Ratingen (Sybilla Kemperdick, geb. Kohnen). Ein weiteres, kleines Rauchfass ist dazu geeignet, mit ihm bei der Inzens eine 360 Grad-Drehung zu vollziehen, wie man es aus orthodoxen Gottesdiensten kennt.

 Gastautor und Kirchenhistoriker Hans Müskens mit Weihrauchfässern aus dem Jahr 1901 (links) und 1750.

Gastautor und Kirchenhistoriker Hans Müskens mit Weihrauchfässern aus dem Jahr 1901 (links) und 1750.

Foto: Blazy, Achim (abz)

Das Schiffchen aus dem Jahre 1775 ist ein Geschenk der St. Sebastiani-Bruderschaft und wurde aus einem Teil des Schützensilbers hergestellt. Eine entsprechende Inschrift im Inneren des Klappdeckels informiert darüber. Weihrauch ist Zeichen des Gebetes. Inzensiert wird nur das, was auf Christus hinweist. Deshalb finden sich auch in den drei Chorfenstern, die von der Geburt, der Kreuzigung und der Auferstehung Christi berichten, Weihrauchfässer schwingende Engel, um so die Göttlichkeit Jesu Christi anzuzeigen. Weihrauch, das einer der Könige an Weihnachten als Geschenk zur Krippe mitbrachte, ist demnach das Zeichen für die Verehrung des Sohnes Gottes. Die Verwendung von Weihrauch im Kult gab es schon im alten Ägypten, seine Verwendung im Christentum geht auf den Gottesdienst im Tempel der Israeliten in Jerusalem zurück, wo morgens und abends vor dem Vorhang zum Allerheiligsten ein Rauchopfer dargebracht wurde.

Der Gottesdienst richtet sich an alle Sinne. So macht das Weihrauchopfer deutlich, dass der Mensch eine Einheit von Leib und Seele ist. Weihrauch ist auch als Zeichen der Anwesenheit Gottes zu verstehen, als "Wehen des Heiligen Geistes": "Aus der Hand des Engels stieg der Weihrauch mit den Gebeten der Heiligen empor", heißt es darum in der "Geheimen Offenbarung" (Offb. 8, 4).

(RP)
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