Retter über Unfall am Donnerstag auf A3 "Wir arbeiten immer gegen die Zeit"

Ratingen · Bei der Massenkarambolage am Donnerstag auf der Autobahn 3 starben zwei Menschen. Feuerwehrmann Jan-Hendrik Neumann war einer der ersten am Unfallort. Wir haben mit ihm über den Einsatz gesprochen.

Unfall auf A3 bei Ratingen: Bilder vom Massenunfall im November 2017
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Tödlicher Unfall auf der A3 bei Ratingen

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Foto: CHRISTOPH REICHWEIN

Die Feuerwehr in Ratingen ist für etwa 100 Kilometer Autobahn zuständig - sie hat es oft mit schweren Unfällen zu tun. Aber eine Massenkarambolage wie am Donnerstag mit einem solchen Ausmaß der Zerstörung sei keinesfalls alltäglich, sagt Jan-Hendrik Neumann im Gespräch mit unserer Redaktion. Der erfahrene Feuerwehrmann war einer der ersten am Unfallort.

 Jan-Hendrik Neumann

Jan-Hendrik Neumann

Foto: Jan-Hendrik Neumann/Feuerwehr Ratingen

Was war passiert? Im Berufsverkehr am Donnerstagmorgen waren vor dem Autobahnkreuz Breitscheid zwei Lastwagen und fünf Pkw ineinander gekracht. Drei Autos wurden komplett zerstört, wie Feuerwehr und Polizei später berichteten. Ein Mann starb noch am Unfallort.

Gegen 7.36 Uhr seien die ersten Einsatzkräfte ausgerückt, berichtet Neumann einen Tag später. Wie schwer der Unfall auf der A3 bei Breitscheid war, habe er schon aus der Ferne sehen können. Vor Ort habe sie ein Trümmerfeld erwartet. "Die Kreisleitstelle hat relativ schnell mehr Einsatzkräfte angefordert und die Alarmstufe erhöht. Das heißt, dass es viele Verletzte gab." Insgesamt werden am Donnerstag etwa 90 Rettungskräfte an der Unfallstelle im Einsatz sein.

"Wir mussten uns erst einmal orientieren. Sofort sind drei Kollegen ausgeschwärmt, um die Unfallschwerpunkte auszumachen, an denen wir mit unserer Arbeit beginnen sollten", berichtet Neumann. Dass dem 34-jährigen Fahrer eines weißen Autos nicht mehr zu helfen war, hätten sie sofort gesehen. Der Wagen des Mannes sei von einem abgerissenen Lkw-Anhänger aufgespießt worden. "Von dem Fahrer konnte man nahezu nichts mehr sehen. Der konnte nicht mehr leben."

Die Einsatzkräfte hätten sich deshalb zuerst um einen 26-Jährigen gekümmert. Er sei von Ersthelfern aus seinem Auto befreit und an den Fahrbahnrand getragen worden. "Den haben wir, so schnell es ging, mit einem Rettungshubschrauber abtransportiert. Wir konnten sehen, dass er sehr schwer verletzt war." Die Feuerwehrleute hätten außerdem eine 65-Jährige aus ihrem Auto befreit - sie sei darin eingeklemmt gewesen. "Das hat zum Glück schnell geklappt." Sie sei ebenfalls mit einem Rettungshubschrauber ins Krankenhaus gebracht worden.

"Oft ist der Kampf schon verloren"

Anschließend hätten die Einsatzkräfte kurz durchgeatmet und Luft geholt. "Wir mussten überlegen, wie wir den Toten aus seinem Auto bergen", sagt Neumann. "Wir versuchen, das so gut wie möglich mit Anstand und Würde zu machen, auch wenn diese Person das selbst nicht mehr wahrnehmen kann." Danach habe man die ersten Einsatzkräfte zurück auf ihre Wachen geschickt. Das Reinigen der Fahrbahn und die Aufräumarbeiten habe noch bis in den Abend gedauert.

Während des Einsatzes hätten die Feuerwehrleute konzentriert gearbeitet, sagt Neumann. Man funktioniere nur noch, man dürfe das nicht an sich heranlassen, was man vor Ort sehe. "Als Rettungskräfte wissen wir, dass wir nur wenig Zeit haben für die Schwerstverletzten", sagt der erfahrene Feuerwehrmann. "Oft ist der Kampf schon verloren, wenn wir an der Unfallstelle ankommen. Wir arbeiten immer gegen die Zeit." Der 26-jährige Mann, den die Rettungskräfte zuerst versorgt hatten, stirbt später im Krankenhaus, wie die Polizei am Abend mitteilt.

Später auf der Leitstelle hätten die Führungskräfte den Einsatz noch einmal besprochen, sagt Neumann. Das helfe bei der Verarbeitung. "Da merkt man schon, ob jemand den Einsatz nicht gut wegsteckt." Das komme immer wieder vor. Auch ihn beschäftigten die Bilder, die er am Donnerstag gesehen habe. "Das war ein Einsatz, der vom Ausmaß her über das Alltägliche hinausgeht."

(heif)
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