Ratingen Streit um Kosten für Rathaus-Neubau

Ratingen · Die Bürger Union will die Gewerke einzeln ausschreiben lassen und lehnt einen Generalunternehmer ab.

Wann ist das neue Rathaus fertig? Und wer baut es überhaupt? Zwei Fragen, die zurzeit sehr viel Raum für Spekulationen geben. Fest steht: Die Bürger Union (BU) will die Vergabe an einen Generalunternehmer stoppen (die RP berichtete bereits). Grund: Man befürchtet deutliche Mehrkosten, bei den veranschlagten 28,8 Millionen Euro werde es sicherlich nicht bleiben, so die BU-Fraktionsspitzen Alexander von der Groeben und Angela Diehl. Mittlerweide stehen rund 33 Millionen Euro im Raum. Das sorgt für Gesprächsstoff. Horst Becker, der frühere FDP-Fraktionschef, hat in einem Leserbrief unlängst betont: "Wir haben damals bereits große Bedenken angemeldet, die leider mit träumerischen Gegenargumenten der Verwaltung und von den großen Fraktionen im Rat zurückgewiesen wurden. Die FDP Ratingen hatte seinerzeit eine totale Sanierung - mit neuer Fassade und Energieversorgung (einschließlich der bestehenden Brandschutzvorschriften) sowie vergrößerter Tiefgarage - für 18 bis 21 Millionen Euro ermittelt."

Es sei zu befürchten, dass die endgültige Fertigstellung weitaus mehr als die bisher angegebene Summe kosten werde. "Schade, dass der Steuerzahler die tatsächliche Entwicklung ratenweise erfährt. Es entsteht zumindest der Eindruck, dass der Bürger auf eine weitere negative Kostenentwicklung vorbereitet werden soll", vermutet Becker.

Auch die BU ist sehr skeptisch: "Die von unserer Fraktion stets geäußerte Kritik gegen die Vergabeausschreibung an einen Generalunternehmer hat sich leider bestätigt", heißt es in einem Schreiben. "Wir meinen, dass wir, wenn wir unsere Aufgabe, verantwortungsbewusst mit Steuergeldern umzugehen, ernst nehmen, hier die Reißleine ziehen müssen." Bereits im Jahr 2013 habe man sich nach den Möglichkeiten der Aufhebung einer GU-Ausschreibung erkundigt - für den Fall, dass ausschließlich überhöhte Angebote abgegeben werden. Das Rechtsamt hatte auf BU-Anfrage dazu ausgeführt, dass dies durchaus möglich sei, dass also "bei einer sorgfältigen, nachvollziehbaren und dokumentierten Kostenschätzung für den Fall von deutlich überhöhten Angeboten bei einer Überschreitung ab zehn Prozent" durchaus eine Aufhebung in Betracht kommen könnte.

Die BU betont: "Da die Angebote nicht nur um zehn Prozent, sondern sogar um 20 Prozent die Kostenberechnung übersteigen, liegt nach der eigenen Rechtsauffassung der Verwaltung ein Aufhebungsgrund vor, es sei denn, die Kosten könnten durch Einschränkung des Leistungsspektrums noch sinnvoll reduziert werden."

Bürgermeister Klaus Konrad Pesch hält den Vorstoß der BU für verfrüht, es fehle noch eine "fundierte Angebotsauswertung". Es sei zum jetzigen Zeitpunkt gar nicht klar, mit welchen Ergebnissen die Angebote eingeordnet werden können. Die Möglichkeit, die Vergabe an einen GU aufzuheben, müsste zudem "fundiert rechtlich begutachtet werden", fügt der Jurist und Diplom-Kaufmann an. Zudem müsste eine Analyse der Marktsituation für den Alternativfall von Einzelgewerksvergaben vorgenommen werden. Pesch schließt in diesem Zusammenhang eine Überarbeitung der Planungs- und Ausschreibungsunterlagen sowie verzögerungsbedingte Mehrkosten (zum Beispiel für Büromieten) nicht aus. Fakt ist: Noch in diesem Jahr muss man entscheiden, wie es mit dem Rathaus-Bau weitergeht.

CDU-Fraktionschef Ewald Vielhaus betont: "In dem BU-Antrag wird der Eindruck erweckt, die höher als die berechneten Kosten ausgefallenen Ausschreibungsergebnisse seien durch die Entscheidung für einen Generalunternehmer entstanden. Tatsächlich waren die Gesamtkosten inklusive der GU-immanenten Kosten für Koordination, Ausschreibung, Bauüberwachung und Risiko stets in die 28,8 Millionen Euro einkalkuliert." Das höhere Ausschreibungsergebnis resultiere allein aus der extremen Marktlage der Bauwirtschaft, die von weitgehend ausgelasteten Kapazitäten gekennzeichnet sei. Dies liege außerhalb des Einflussbereiches von Bürgermeister, Verwaltung und Rat und treffe aktuell jeden Bauherrn. Die Einzelvergabe der Gewerke habe das Risiko, dass "durch fehlende Leistungsfähigkeit oder Insolvenz einzelner Auftragnehmer das gesamte Projekt ins Stocken gerät".

(RP)
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