Ratingen Schüler unter Leistungsdruck

Düsseldorf · Jeder vierte Schüler in Deutschland bekommt private Nachhilfestunden. Ratinger Schulen – von Grundschule bis Gymnasium – favorisieren eigene Hilfs- und Lernangebote. Sie gehören zum Standard an den Nachmittagen.

Immer wieder sind Klagen zu hören, dass Schüler aufgrund des hohen Leistungsdrucks den Schulalltag ohne Unterstützung kaum noch bewältigen können. Jeder vierte deutsche Schüler bekommt neben dem Schulunterricht privaten Nachhilfeunterricht – Tendenz steigend. Die Lage in Ratingen stellt sich differenziert da, wie Schulleiter unterschiedlicher Schulformen gegenüber der RP erklärten.

Eva Müskens, Schulleiterin der Anne-Frank-Grundschule, berichtet: "Die Familien stehen zunehmend unter dem gesellschaftlichen Leistungsdruck. Das Vergleichen der Leistung setzt schon in der Grundschule ein. Ab der zweiten Klasse werden Arbeiten durch Noten bewertet. In meinen Augen ist der Vergleich der Tod des Individuums." Um den Anforderungen gerecht zu werden, setzt die Anne-Frank-Grundschule auf Förderpädagogik. Die "Nachhilfe" findet hier in der Schule statt. 150 der 250 Grundschüler werden über den Unterricht hinaus unter dem Motto "Nicht nachhelfen, sondern Stärken stärken" von Lehrern, Förder- und Sozialpädagogen sowie einem Sozialarbeiter bis 17 Uhr betreut. Dies entlastet die Eltern und fördert die Schüler, die hier am Nachmittag bei den Hausaufgaben betreut werden. "Bei uns heißen die Hausaufgaben allerdings Arbeitszeiten", so Müskens. "Das Leben soll nicht nur über die Schule laufen, daher geben wir freitags keine Aufgaben auf. Ein situatives Lernen aus dem Alltag heraus bietet den Kindern eine effektive, nachhelfende Unterstützung." Schon in der Grundschule ist der Kampf um die Zukunft zu spüren. Eine Empfehlung für das Gymnasium gilt als erstrebenswertes Ziel.

Johannes Steggers, Schulleiter an der erzbischöflichen Liebfrauenschule (Realschule für Mädchen), sieht das kritisch: "Ist das Kind auf der richtigen Schule, dann ist das Bewältigen der Anforderungen eine Frage des Arbeitsverhaltens." Zwar haben ungefähr 75 Prozent der Schülerinnen der Klasse 10 a an der Liebfrauenschule schon einmal auf private Nachhilfe zurückgreifen müssen, doch die Klassengemeinschaft weiß sich zu helfen. Hier werden Lerngruppen gebildet, in denen die stärkeren Schüler die schwächeren unterstützen. Im Förderunterricht, der für die gesamte Klasse stattfindet, erhalten die Schülerinnen eine effektive Vorbereitung auf die zentrale Prüfung am Ende der Klasse 10 (ZP 10).

Im März ist eine Probeprüfung unter den genauen Bedingungen der Originalprüfung angesetzt. "Wir möchten den Schülerinnen hiermit die Angst vor der anstehenden ZP 10 nehmen", so Steggers. Seine Schule setzt auf Service-Learning: Schüler unterrichten Schüler außerhalb des Unterrichts. Dies ist im Moment zwar nicht institutionalisiert, findet jedoch im privaten Rahmen statt. Mit dem Bau der Mensa erhofft sich Johannes Steggers eine erneute Intensivierung des Service-Learnings.

Auch im Carl Friedrich von Weizsäcker-Gymnasium werden für die Gymnasiasten Fördermaßnahmen angeboten. "Kein Kind soll sitzen bleiben", sagt Konrektor Peter Lausch. "Zu diesem Zweck bieten wir Förderstunden in den Hauptfächern an. Von montags bis donnerstags gibt es an den Nachmittagen eine Hausaufgabenbetreuung, die von professionell ausgebildeten Müttern begleitet wird. Finanziert wird dieses Projekt über den Förderverein."

Wenn es dann einmal nicht anders geht, vermittelt die Schule auch zwischen Schülern und Nachhilfeinstituten, mit denen ein lockerer Kontakt besteht. Für die jüngeren Schüler kann auch schon einmal ein Oberstufenschüler einspringen.

(RP)
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