Lintorf Schüler lernen den Knast-Alltag kennen

Lintorf · Gestern wurde im Lintorfer Kopernikus-Gymnasium ein Kooperationsvertrag mit Justizvollzugsanstalt ratifiziert.

 Vertragsunterzeichnung mit (v.l.) Elke Krüger (JVA), Roland Loos (Schulleiter), Michael Ruppert (stellvertretender Landrat) und Norbert Woehlke (IHK).

Vertragsunterzeichnung mit (v.l.) Elke Krüger (JVA), Roland Loos (Schulleiter), Michael Ruppert (stellvertretender Landrat) und Norbert Woehlke (IHK).

Foto: Achim Blazy

Das Kopernikus-Gymnasium kooperiert ab sofort mit der Justizvollzugsanstalt (JVA) Düsseldorf. Gestern wurde der Vertrag unterschrieben. Das Gymnasium ist dem Kooperationsnetz Schule-Wirtschaft (KSW) angeschlossen. In diesem Netz geht eine Schule eine Zusammenarbeit Kooperation mit einem Wirtschaftsunternehmen ein, das regelmäßig in den Unterricht eingebunden wird. Was kann aber ein Gefängnis einer Schule in dieser Hinsicht bieten?

"Wir als Kopernikus-Gymnasium sind es unserem Namenspatron schuldig, in unserer Weltwahrnehmung nicht einfach unbequeme Aspekte auszublenden, sondern unser Ziel muss es sein, unsere Welt so präzise wie möglich zu ergründen. Angesichts der vielfältigen beruflichen Einsatzfelder dürfte die Justizvollzugsanstalt viele Wirtschaftsunternehmen schlagen, die gewöhnlich Partner in schulischen Netzwerken sind", sagte Schulleiter Roland Loos gestern.

Neben dem allgemeinen Vollzugsdienst gibt noch viele andere Aufgabenfelder, von sozialen und medizinisch-psychologischen Berufen über Kirchendienste bis hin zu juristischen und administrativen Funktionen. Im Rahmen von Probebegegnungen gab es schon vielversprechende Einblicke, die sich in die mehrere Unterrichtsfächer, wie zum Beispiel Pädagogik, Biologie, Religion und Sozialwissenschaften, integrieren lassen. Die gemeinsamen Arbeiten finden zum Einen in der Schule aber auch im Unternehmen selber statt.

Schüler beschäftigen sich beispielsweise im ersten Jahr der Kooperation mit den Tagesabläufen und Gewohnheiten sowie der Rechte und Pflichten der Mitarbeiter in der Justizvollzugsanstalt. Es werden die zahlreichen Berufsfelder und deren Alltag im Strafvollzug vorgestellt sowie gemeinsam das Thema "Gewalttheorien" mit Schwerpunkt auf Entstehung und Behandlung von Gewalt erarbeitet.

Für die JVA ist diese Lernpatenschaft ein neues spannendes Abenteuer. "Ich habe mich zuerst gefragt, welche Schule Interesse daran hat, ihre Schüler ins Gefängnis zu lassen", dachte Geschäftsführerin Elke Krüger als sie von ihrem Kollegen Martin Baer, Leiter der Arbeits- und Bauverwaltung, auf das Projekt angesprochen wurde.

Sie hatte, nachdem sie sich über die Schule informiert hatte, gerne zugestimmt. Sie wollte die Chance ergreifen, durch die Zusammenarbeit die Arbeiten im Gefängnis vorzustellen und Vorurteile abzubauen, die mit dem Leben dort verbunden sind.

Auch von allen Beteiligten der Schulgemeinschaft wird die Lernpatenschaft gut angenommen. "Das KSW-Konzept bietet mehr als nur die klassische Berufsvorbereitung. Es schult und formt dabei die Sozialkompetenz", sagte die Schulpflegschaftsvorsitzende Susanne Eglinger.

Die Schüler sind begeistert: "Das Programm hilft enorm, mögliche Berufsfelder zu finden. Außerdem ist es hilfreich, wenn jemand anderes als die Eltern einmal auf eine Bewerbungsmappe schauen oder zu sehen, wie ein Bewerbungsgespräch ablaufen kann", sagte Anna aus der 12. Jahrgangsstufe.

Klassenkamerad Philipp findet gerade die JVA als Kooperationspartner spannend. "Denn wann hat man mal die Möglichkeit, freiwillig ein Gefängnis zu besichtigen und darüber Informationen zu bekommen?", fragte er.

(mvk)
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