Seminar zur frühen Sexualerziehung "Heikle Themen mit Eltern ansprechen"

Ratingen · Das Kreisintegrationszentrum gibt ein Pilotseminar zur frühen Sexualerziehung "unter Berücksichtigung kultureller Hintergründe". Die Organisatorinnen im Interview.

 Im Interview: Arlin Cakal-Rasch (l.) und Tatjana Ortsis.

Im Interview: Arlin Cakal-Rasch (l.) und Tatjana Ortsis.

Foto: Kreisverwaltung

Vorschulkinder und Sexualität - diese Kombination wird rasch zum Reizthema zwischen Erzieherinnen und Eltern. Was tun, wenn zusätzlich völlig andere Lebenserfahrungen und Gebräuche hinzukommen? Das Kreisintegrationszentrum schulte jetzt Erzieherinnen in einem Pilotseminar "Sexualerziehung im Vorschulalter unter besonderer Berücksichtigung kultureller Hintergründe". Die RP sprach mit Leiterin Arlin Cakal-Rasch und der Organisatorin des Seminars, Tatiana Ortsis.

Wie viel Interesse gab es für dieses besondere Pilotseminar?

 In der Schule gehört Sexualerziehung zum Stundenplan. Es gibt dabei auch besondere Projekte für Eltern (Foto). Wie Sexualerziehung im Vorschulalter aussehen könnte, ist Thema eines Pilotseminars des Kreisintegrationszentrums.

In der Schule gehört Sexualerziehung zum Stundenplan. Es gibt dabei auch besondere Projekte für Eltern (Foto). Wie Sexualerziehung im Vorschulalter aussehen könnte, ist Thema eines Pilotseminars des Kreisintegrationszentrums.

Foto: RP-Archiv

Tatiana Ortsis Mit zwei Dutzend Erzieherinnen war der Tageskurs voll. Neben den fachlichen Lektionen war aus Sicht der Teilnehmer wichtig, dass genug Zeit blieb, um sich auszutauschen. Hierzu hatten unsere beiden Referentinnen Astrid Peter von der Awo Leverkusen und Katrin Fassin vom Kinderschutzbund Rheinisch-Bergischer Kreis ausdrücklich ermuntert und auch genug Zeit dafür eingeplant.

Wer den Seminartitel zu rasch liest, könnte auf den Gedanken kommen, Aufklärung soll nun in den Kindergarten vorgezogen werden...

Arlin Cakal-Rasch Oh nein. Das wollen wir nicht. Es ging um einen rein fachlichen Austausch unter Pädagogen. Sehen Sie, schon ab dem zweiten Lebensjahr stellen Kinder Fragen zu den Unterschieden zwischen Mann und Frau. Meist fällt den Kindern auf, dass Papa und Mama teilweise anders "gebaut" sind. Das macht sie neugierig. Und dann wollen sie wissen, wie die eigenen Geschlechtsteile heißen.

Ortsis Manchmal kommt es auch zu Untersuchungen - zu "Doktorspielen". Wenn so etwas auffällt, sind zunächst die Erwachsenen verunsichert, wie man darauf reagieren soll. Völlig falsch wäre es, die Körperregion unterhalb der Gürtellinie zur Tabuzone, zu etwas Schmutzigem, zu erklären. Genauso falsch wäre es, daraus nun einen Tagesschwerpunkt zu machen.

Sondern - was wäre richtig?

Ortsis Erzieherinnen können sachlich Auskunft geben oder auf Erklärungen der Eltern verweisen. Und mit eigentlich vorgesehenem Tagesprogramm entspannt weitermachen.

Cakal-Rasch Anders als vor 30, 40 Jahren arbeitet das Kinderpersonal heutzutage nicht mehr nur mit den Kindern, sondern es bezieht Vater und Mutter ein. Die Eltern bekommen heute im Kindergarten Tipps und Hilfestellungen.

Wenn die Eltern aus anderen Kulturen kommen, wird's noch schwieriger oder? Was ist mit "Berücksichtigung der unterschiedlichen kulturellen Hintergründe" gemeint?

Ortsis Unsere Referentinnen haben herausgearbeitet, dass es erst einmal kaum eine Rolle spielt, woher die Familien kommen. Denn alle Eltern wollen das Beste für ihr Kind. Die Erzieherinnen sollten jedoch schon eine Beziehung zu der Familie aufgebaut haben, die ihnen ihr Kind anvertraut. Dann aber ist es möglich, auch heikle Themen mit den Eltern anzusprechen und ihnen Lösungen aufzuzeigen. Viele Blockaden bei Erziehern bestehen ausschließlich in deren eigenem Kopf.

Cakal-Rasch Zudem haben wir Medien in den unterschiedlichsten Sprachen zu diesen Themen, die wir Einrichtungen gerne zur Verfügung stellen. Momentan sehe ich gute Chancen auf eine Wiederholung des Seminars. Infos gibt es unter Tatiana.Ortsis@kreis-mettmann.de

DAS GESPRÄCH FÜHRTE DIRK NEUBAUER

(RP)
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