Ratingen Puppensammler gehen auf Schatzsuche

Ratingen · Der Spielzeugmarkt lockt vor allem Kenner und Liebhaber ins Museum. Geschichtsträchtiges steht zum Verkauf.

 Rita Dittgens mit einer Puppenstube aus Holz. Das Spielzeug ist mehr als ein halbes Jahrhundert alt.

Rita Dittgens mit einer Puppenstube aus Holz. Das Spielzeug ist mehr als ein halbes Jahrhundert alt.

Foto: Blazy Achim

"Susanne" hat ein ziemlich großes Loch im Kopf, die sechzig Jahre alte Schildkrötpuppe aus Celluloid ist daher ein Fall für Puppendoktor Heinz- Holger Backes. Ihre Besitzerin Claudia Gärtner ist besorgt, fragt sich, ob es für Susanne noch Hoffnung gibt. "Diese Puppe habe ich zu Weihnachten geschenkt bekommen", erzählt die Ratingerin, Wehmut klingt in der Stimme, während sie die unbekleidete Puppe anschaut " meine ältere Schwester hatte extra noch Kleidung für sie genäht- einen grünen Pullover mit grauen Ärmeln und ein Dirndl, es ist als, sei es gestern gewesen." Für den Puppendoktor aus Heinsberg ist die Kopf-OP keine große Herausforderung, ein Routineeingriff, "das ist üblich, dass das Celluloid, das damals verwendet wurde, mit den Jahren bricht. Ich kann den Kopf problemlos reparieren, man sieht hinterher nichts mehr davon."

45 Stände bieten beim Spielzeugmarkt unzählige Schätzchen von 1880 bis 1960 an, von winzig kleinen Puppenstubenmöbeln bis große brummende "Zotty"- Steiffbären. "Ach, da werden Kindheitserinnerungen wach", sagt eine Besucherin mit begeisterter Stimme, "ich könnte stundenlang stöbern und bräuchte, um alles zu sehen, einen halben Tag Zeit."

Ausstellerin Heidemarie Penner aus Schwelm ist 76 Jahre, sieht aus wie Anfang 60, und strahlt, weil sie soeben einen anderen Sammler glücklich gemacht hat. "Ich habe gerade eine ganz alte Puppenstube von 1830 verkauft", erzählt sie aufgeregt, " zum größten Teil original erhalten, die Tapeten an den Wänden, die Seidenbezüge der Sessel, viele liebevolle kleine Details. Normalerweise hätte ich weit über 2000 Euro dafür bekommen. Aber diese netten Menschen haben jetzt 960 Euro dafür bezahlt und wirkten sehr glücklich darüber."

 Pupendoktorin Uschi Backes (l.) bekommt im Museum allerhand zu tun. Bettina Dorfmann gilt deutschlandweit als Expertin in Sachen "Barbie".

Pupendoktorin Uschi Backes (l.) bekommt im Museum allerhand zu tun. Bettina Dorfmann gilt deutschlandweit als Expertin in Sachen "Barbie".

Foto: Achim Blazy

Sammler sind eine große Familie, sie teilen eine Leidenschaft, freuen sich miteinander und hängen mit Herz und Seele an jedem Einzelstück, wollen es bei einem Verkauf in guten Nachfolgerhänden wissen. Dass es hier, auf dem Spielzeugmarkt, eine große Auswahl an alten und antiken Bären, an Künstlerpuppen oder seltener Fachliteratur gibt, hat sich längst in den Sammlerkreisen herumgesprochen. "Wir haben uns hervorragend etabliert", sagt Heike Kron vom Ratinger Puppen- und Spielzeugverein, der gemeinsam mit dem Spielzeugmuseum den Markt veranstaltet, "Aussteller und Besucher kommen teils von weit her angereist, zum Beispiel aus Holland oder Norddeutschland."

Bettina Dorfmann zeigt einer Kundin einen "Ken" aus den 70er Jahren- Barbies Ehemann. "Das ist der einzige Ken mit langen Haaren, passend zu der damaligen Mode", erklärt die Fachfrau. Als deutschlandweit einzige Barbiesachverständige und Besitzerin von rund 17.000 dieser langbeinigen, langhaarigen und ewig jungen, makellosen Schönheiten kennt sie sich aus mit dem Phänomen Barbie, das seit Jahrzehnten kleine Mädchen in seinen Bann zieht. "Die Barbiepuppe ist ein Spiegel unserer Zeit, geht mit den Trends", erzählt Bettina Dorfmann und ergänzt lachend: "Zurzeit gibt es zwei neue Modelle: eine Spielekonsolenentwicklerin und eine Cupcakebäckerin."

Claudia Gärtner muss sich nun von ihrer Puppe "Susanne" verabschieden, Puppendoktor Heinz- Holger Backes wird sie mit in seine Werkstatt nehmen und dort bestmöglich reparieren, für 118 Euro.

(dani)
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