Ratingen Künstler zeigt menschenleere Räume

Ratingen · Die Ausstellung ist - grundsätzlich von außen durchs Glas - bis zum 30. August zu betrachten. 100 eher kleinformatige Fotos und noch ein ganz großes: In der Künstler-Loge, dem Fünfziger-Jahre-Kabinett für Kunst an der Calor-Emag-Straße 7, paaren sich gegenwärtig wieder einmal Kunst und Witz.

 Ansgar Maria van Treecks Bilder zeigen keine Menschen, wohl aber sehr gewitzt mehr als einen Hauch von Halbwelt.

Ansgar Maria van Treecks Bilder zeigen keine Menschen, wohl aber sehr gewitzt mehr als einen Hauch von Halbwelt.

Foto: Achim Blazy

Also erst mal kein Schweinkram, zumindest nicht direkt auf den Bildern, die er mit ausgefuchster Technik vom Computerbildschirm streifenfrei abfotografiert hat. Weil natürlich das Hirn hinterm betrachtenden Auge gleich ins Denken kommt, fehlt es den dargestellten Räumlichkeiten natürlich nicht an einem gewissen Halbwelt-Hautgout.

Und schon ist man mit der Nase an der Scheibe und betrachtet die verlassenen Arbeitszimmer der Sexualschaffenden. Doch eigentlich suggeriert keins der Zimmer wirklich erotisches Knistern, sondern eher leises bis schallendes Lachen. Vor allem, wenn van Treeck, der natürlich reichlich mehr übers Dargestellte weiß, seine erläuternden Kommentare gibt. Da steht zum Beispiel ein einsamer Stöckelschuh mit Brikettsohle auf der Spitzendecke eines weiß-goldenen Metallbetts. Und das steht in Alaska.

Der einzige deutsche Raum präsentiert sich mit einer klinisch weißen Récamiere und einem Windlicht - ganz wie auf dem Lande, auf dem Foto daneben ein Ledersessel in schwarz, simpel und schnörkellos, gerade wie aus einem schwedischen Möbelhaus. Manche Interieurs kommen wie die Deko von Mustermanns aus dem Reihenhaus daher, etliche wollen suggerieren, dass Satin-Laken von sich aus die blanke Verführung sein können. Gern genommen sind auch Betten, bei denen schimmernde Nägel in dickem Polster halbseidene Eleganz verströmen. Es sind auch furchtbare Acryldecken zu sehen, gedankenlos über abblätterndes Furnier geworfen. Viele Blümchen, ein bisschen Tigermuster - oder was man für wilde Muster halten mag - ein eher achtlos abgelegtes Sexspielzeug bescheinigen, dass die Räumlichkeiten eben nicht die Hauptsache davon sind, was der neugierige Betrachter sucht. Van Treeck, der Schlingel, hat das ins Kalkül gezogen - das Kino ist auch hier im Kopf. Selbst der Schachzug mit dem zusätzlichen überdimensionalen, auf Stoff gedruckten Foto ist von tiefem Hintersinn. Hier wirft der Betrachter einen Blick auf die Rückbank von "The Beast", ins Innere der Präsidentenlimousine, die der Fotograf statt des Begrüßungshandschlags zwischen Präsident Bill Clinton und Kanzler Schröder dereinst abgelichtet hat. Im damaligen tonnenschweren Cadillac Fleetwood Brougham-Wagen, plüschig ausgestattet, sieht es auch nicht anders aus als in manchem anderen, aber kleinkalibrigem Wagen in Ratingen: ein bisschen Krempel, zwei überquellende Aktentaschen, nicht wirklich schnittige Eleganz.

(gaha)
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