Ratingen Kleine Hindernisse sind große Gefahr für Blinde

Ratingen · Barrierefreiheit ist in Ratingen oft noch ein Fremdwort. Die Behinderten haben viel zu kritisieren.

 Marion Höltermann und Wolfgang Honnef kritisieren, dass Haltestellen für Sehbehinderte oft nicht zu erkennen sind.

Marion Höltermann und Wolfgang Honnef kritisieren, dass Haltestellen für Sehbehinderte oft nicht zu erkennen sind.

Foto: Dietrich Janicki

Eine Vielzahl an Hilfsmitteln ermöglicht es Sehbehinderten und Blinden, mit anderen Sinnen Augen zu ersetzen. Neben akustischen Signalen, speziellen Stöcken oder Blindenhunden sind Menschen ohne Augenlicht auf eine möglichst barrierefreie Umgebung angewiesen, um ihren Alltag selbstständig zu meistern.

Unermüdlich in ihren Bestrebungen, diesen Zustand zu optimieren, ist Marion Höltermann. "Alles das, was nach dem Bau der Brücke Tiefenbroicher Straße 2011" von der Stadt Ratingen verbaute wurde, ist ausbaufähig, sagt die Vorsitzende des Vereins der Blinden und Sehbehinderten (BSV).

Denn "vor Treppen wird nicht gewarnt durch wechselnde Bodenbeläge. Leitlinien und Bodenindikatoren fehlen völlig, öffentliche Plätze und Gebäude sind weder für uns Blinde auffindbar noch zugänglich", zählt sie Missstände in ratingen auf. Akustisch geführte Ampeln? Fehlanzeige, "die gibt es nicht, lediglich die mit Touch und Vibration". Und auch die gibt es nicht in allen Quartieren. Ratingen verbaut "überall Insellösungen, womit sich kein Blinder oder stark Sehbehinderter von außerhalb des Kreises orientieren kann".

Mitspracherecht fordert die Vorsitzende. Sie will bei zukünftigen Planungen mit einbezogen werden. Um das zu realisieren und "damit durch die Generationen ein wirklicher Strukturwandel in der Behindertenpolitik der Stadt in greifbare Nähe rückt", hat sie Kontakt zu Stefan Corneße aufgenommen.

Er ist als Amtsleiter im Amt 50 unter anderem als Behindertenkoordinator zuständig. Grundsätzlich gilt, Kennzeichnungen an Ampelanlagen behindertengerecht zu gestalten, sagt der Fachmann. In Ratingen kommt dazu eine DIN-Verordnung anno 2011 zu Einsatz, die sogenannten "Pönöppel".

Unter DIN 32984 ist die Beschaffenheit dieser Bodenindikatoren im öffentlichen Raum, wie sie in der Fachsprache heißen, beschrieben, die "die gesicherte Querung an Ampelanlagen und über Zebrastreifen" ermöglicht, wie Corneße erklärt. Werden derlei Querungen neu gestaltet, wird nach DIN 32984 gebaut. "Dies Kriterium sollte uneingeschränkt Umsetzung werden", fordert die BSV-Vorsitzende auch alte Ampeln entsprechend aufzurüsten. So auch an der Haltestelle Mitsubishi, "das ist aber nicht der Fall".

Ein weiterer Punkt ist die Höhe von Gehsteigkanten. Für gewöhnlich misst diese 12 Zentimeter, zwei bis sechs Zentimeter sind es bei Absenkungen für Einfahrten und null Zentimeter würden an Querungen alle Rollstuhlfahrer oder Benutzer von Rollatoren glücklich machen. Für Blinde und Sehbehinderte aber sind diese Kanten lebenswichtig - als Kompromiss wurde die Höhe von drei Zentimetern gewählt. "Für den Rollstuhlfahrer noch nicht zu hoch und für den Blinden fühlbar."

Die BSV-Vorsitzende ist damit noch nicht zufrieden. "Wie bis zum Jahr 2022 eine barrierefreie Lösung hier geschaffen werden soll, ist mir ein Rätsel", bilanziert Marion Höltermann.

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