Ratingen Kindern ein Stück Normalität geben

Ratingen · 14 ehrenamtliche Paten betreuen bei der Diakonie den Nachwuchs psychisch kranker Eltern.

Ratingen: Kindern ein Stück Normalität geben
Foto: Blazy, Achim (abz)

Es sind die kleinen Dinge, die Normalität bedeuten: ein gemeinsamer Besuch auf dem Spielplatz oder dem Weihnachtsmarkt, zusammen basteln oder einfach miteinander spielen. Kinder psychisch kranker Eltern erleben diese Normalität oft nicht aufgrund der Problematik zuhause: "Das fängt schon damit an, dass sie nicht wissen, wie die Situation zuhause ist, wenn die Schule vorbei ist", sagt Sabine Weber von der Diakonie. Sie betreut das Projekt, in dem sich Paten um Kinder aus solchen Verhältnissen kümmern, sie an die Hand nehmen, um ihnen aber auch dem kranken Elternteil ein bisschen Freiraum zu geben: "Es geht nicht darum, dass eine Patin die bessere Mutter sein soll", so Weber. 14 Frauen und Männer betreuen derzeit ehrenamtlich 14 Kinder ab drei Jahre.

Eine davon ist Anja Dangschies, die von Anfang an dabei ist und ein mittlerweile neunjähriges Mädchen betreut, dessen Mutter an einer chronischen Psychose leidet: "Ich habe die Kleine von Anfang an in meine Familie integriert, so als wäre sie aus der Nachbarschaft oder aus dem Kindergarten meiner Kinder", erzählt sie. Auch wenn sich zur Mutter des Kindes eine Freundschaft entwickelt hat, weiß die Patin, dass das Zusammenwirken nicht unproblematisch sein kann: "Die nötige Distanz zur psychischen Erkrankung der Eltern ist sehr wichtig. Sie steht allerdings auch nicht im Mittelpunkt des Engagements. Die Kinder sind wichtig." Denn häufig übernehmen diese in solchen Familienkonstellationen Elternaufgaben. Umso wichtiger ist es, ihnen ab und zu die Möglichkeit zu geben, einfach Kind zu sein und Alltag zu erleben.

Der zeitliche Aufwand ist dabei in der Regel überschaubar, so Karin Holle von der Diakonie: "Ein Nachmittag in der Woche reicht. Zumal sich das sehr schnell flexibel gestaltet. Schließlich ist das alles ein freiwilliges Angebot, was nicht zu noch mehr Stress bei allen Beteiligten führen soll." Wichtig ist vor allem, dass die Betroffenen Einsicht in ihre Situation haben und den Paten nicht als Bedrohung ihrer Elternrolle empfinden.

Wenn Eltern psychisch krank sind, leiden auch die Kinder. "Sie fühlen sich oft allein gelassen, verstehen nicht, was um sie herum passiert, und müssen eben früh Verantwortung für Geschwister oder sogar die Eltern selbst übernehmen", weiß Weber. Wobei es bei den Fällen, die über das Projekt betreut werden, ausschließlich um kranke Mütter handelt. Der Kontakt kommt in der Regel über das Jugendamt zustande, wo die betroffenen Eltern von der Paten-Möglichkeit erfahren. Auch wenn die weitere Finanzierung der Arbeit noch nicht gesichert ist, steht eines schon fest: "Die bestehenden Patenschaften werden auf jeden Fall weiter geführt", so Sabine Weber. Schließlich ist ein großes Ziel der Patenschaft, den Kindern gerade Verlässlichkeit im gegenseitigen Kontakt vorzuleben. Gerade das kann helfen, dass sie durch die ohnehin schon belastende Situation kommen können, ohne selbst in Mitleidenschaft gezogen zu werden. Anja Dangschies möchte die Zeit mit ihrem Patenkind nicht missen: "Es ist ein gutes Gefühl, helfen zu können."

(RP)
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