Ratingen Jugendrat mischt sich in die Politik ein

Ratingen · Kurz vor den Ferien wurde es an den weiterführenden Schulen spannend - der neue Jugendrat wurde für zwei Jahre gewählt. Und der ist ein Gremium mit Geschichte.

 Wahlkampf im Westentaschenformat: Die potenziellen Kandidatinnen präsentierten sich vor der Wahl ihren Mitschülerinnen in der Turnhalle der Liebfrauenschule. Danach ging es wie im richtigen Leben in die Wahlkabine.

Wahlkampf im Westentaschenformat: Die potenziellen Kandidatinnen präsentierten sich vor der Wahl ihren Mitschülerinnen in der Turnhalle der Liebfrauenschule. Danach ging es wie im richtigen Leben in die Wahlkabine.

Foto: Achim Blazy

"Ich möchte mich dafür einsetzen, dass in der Stadt mehr Laternen aufgestellt werden, damit es in der dunklen Jahreszeit sicherer ist für uns", sagt Mirela. Die Schülerin der Liebfrauenschule besucht die zehnte Klasse und hat sich gut vorbereitet - sie weiß, wofür sie eintreten will: "Ich finde außerdem, dass die Busanbindungen verbessert werden müssen."

 Das Jugendkulturjahr war eines der viel beachteten Highlights in der Geschichte des Gremiums. So gab es eine Lesung im Parkhaus Kirchgasse.

Das Jugendkulturjahr war eines der viel beachteten Highlights in der Geschichte des Gremiums. So gab es eine Lesung im Parkhaus Kirchgasse.

Foto: Blazy, Achim (abz)

Es ist Wahltag, die Turnhalle der Realschule ist gut besucht. Michael Hansmeier vom städtischen Jugendamt steht etwas abseits, beobachtet die jungen Mädchen bei ihren kurzen Ansprachen, mit denen sie sich bei ihren Mitschülerinnen für die Wahl in den Jugendrat bewerben. Hansmeier hat das Gremium einst mit seinem Kollegen Wolfgang Büttner aus der Taufe gehoben: "Ich freue mich auf die neue Zusammensetzung. Es macht immer Spaß, mit den jungen Leuten zu arbeiten und ihre Entwicklung zu sehen." 5500 wahlberechtigte Jugendliche zwischen zwölf und 18 Jahren gibt es in der Stadt, 4000 davon besuchen Ratinger Schulen. Der Unterschied ist einfach erklärt, wählen darf auch, wer auswärts zur Schule geht.

 Die Projekte des Jugendrates haben nicht nur immer mit Freizeitangeboten zu tun. Die Nachwuchspolitiker sind auch bei ernsten Themen sehr engagiert.

Die Projekte des Jugendrates haben nicht nur immer mit Freizeitangeboten zu tun. Die Nachwuchspolitiker sind auch bei ernsten Themen sehr engagiert.

Foto: Blazy, Achim (abz)

Wer meint, dass Jugendliche heutzutage eine Null-Bock-Generation sind, der erlebt im Jugendrat oft genug das Gegenteil: "Ich bin selbst immer wieder überrascht, mit welch großem Eifer sich die jungen Leute in die Arbeit stürzen", so Hansmeier. Und dabei geht es nicht bloß um spaßige Sachen wie zum Beispiel die große Altweiberparty auf dem Marktplatz und in der Stadthalle. Auch ernste Themen wie die Beschulung von Flüchtlingskindern oder eine bessere Beleuchtung im Lintorfer Drupnas-Park haben die Nachwuchspolitiker beschäftigt - ein Höhepunkt in all den Jahren war sicherlich auch das Jugendkulturjahr 2008.

Entstanden ist der Jugendrat Ende des vergangenen Jahrhunderts, übrigens aufgrund eines Ratsantrages. Damals fiel den Politikern auf, dass sie oft über Themen, die Jugendliche betreffen, entscheiden mussten, aber eigentlich gar nicht genau wussten, was diese Altersgruppe wirklich will. Also bekam die Verwaltung den Auftrag, ein Konzept zu erarbeiten. "Uns war schnell klar, dass das Ganze kein Dekogremium sein sollte. Der Ratinger Jugendrat sollte ernst genommen werden und entsprechende Rechte und Pflichten haben", erinnert sich Hansmeier. Zu einem ersten offenen Jugendforum in der Friedrich-Ebert-Schule kamen 1999 viele Jugendliche. Daraus kristallisierte sich eine Gruppe um die heutige FDP-Chefin Tina Pannes heraus, die Ideen zusammenstellte, wie so ein Jugendrat funktionieren kann. Fast drei Viertel davon finden sich heute in der Geschäftsordnung des Gremiums wieder, das in den Ausschüssen des Rates Mitspracherecht hat und damals Vorreiter für andere Jugendräte war. Und das kann auch unangenehm für die Verwaltung werden: So setzte der Jugendrat zum Beispiel die Einrichtung von Stellen in mehreren Jugendzentren durch. Aber auch ansonsten ist die Vernetzung des Jugendrates mit den Jugendzentren in der Stadt sehr gut - wie damals von der Politik gewünscht, hat der Jugendrat das Ohr dicht am Volk.

In der Liebfrauenschule werden am Ende in geheimer Wahl mit Wahlkabinen und -urnen Hanna und Louisa aus der zehnten Klasse gewählt. Stellt sich nur die Frage, nach welchen Faktoren ihre Mitschüler entschieden haben. Für die 15-jährige Ariane aus Homberg ist das klar: "Ich habe mir alle Reden angehört und nach den Themenschwerpunkten entschieden." So habe gerade die ÖPNV-Anbindung für sie eine besondere Bedeutung.

(wol)
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