Ratingen Jugendrat fühlt Kandidaten auf den Zahn

Ratingen · Der Polit-Battle fand erstmals in einer Schule statt. Über 500 Jugendliche lauschten der harten Fragerunde.

 Die Jugendlichen nutzten die Gelegenheit für kritische Fragen an die Landtagskandidaten.

Die Jugendlichen nutzten die Gelegenheit für kritische Fragen an die Landtagskandidaten.

Foto: Stephan Köhlen

Unken gab es vorab im Dutzend. Und um es gleich zu sagen: Sie haben sich alle geirrt. Zu spannenden zwei Stunden Diskussion hatte der Jugendrat gestern ins Stadttheater eingeladen. Erstmals belegte man selbstbewusst die große Arena für den Polit-Battle, das Grillen der Ratinger Landtagskandidaten durch eine Wählerklientel, die in der alternden Gesellschaft zu kurz kommt. Und die gestern diese Chance sehr konzentriert für sich nutzte: Mehr als 550 Jugendliche lauschten Dr. Jan Heinisch (CDU), Elisabeth Müller-Witt (SPD), Christian Otto (Grüne), Sebastian Höing (FDP), Frank Hermann (Piraten) und Uwe Meisenkothen (AfD). Als Moderator Christian Pannes das Ende der 120 Minuten-Sitzung ankündigte, kam bei manchen Gästen beinahe Unmut auf. Sie hätten gern noch weiter gemacht.

Das Tempo der Podiumsdiskussion war schneller, die Wortbeiträge pointierter, Rede und Gegenrede direkter als bei anderen Vorwahldiskussionen. Beispiel: Der enorme Unterrichtsausfall an NRW-Schulen war ein Thema. Das fällt auf die Minus-Seite der aktuellen rot-grünen Landesregierung. Die Sozialdemokratin Müller-Witt versuchte die Vorwürfe von CDU und FDP zu entkräften: "Wir haben 2016 rund 5000 Lehrer zusätzlich eingestellt - das ist doch schon was..." Zwischenruf aus dem Publikum: "Das sagt ja gar nichts aus, solange man nicht weiß, wie sich die Schülerzahlen entwickelt haben."

Die erste Hälfte des Polit-Battles drehte sich um Schulthemen. Viele Schüler kritisierten den enormen Unterrichtsausfall in allen Schulformen. Das war eine Steilvorlage für Dr. Jan Heinisch von der CDU, die Rot-Grün im Düsseldorfer Landtag ablösen will: "Diese Schulministerin schafft es noch nicht einmal, Zahlen zum Unterrichtsausfall vorzulegen." Das allein sei ein Skandal, in computergetriebenen Zeiten. Heinisch und der Liberale Sebastian Höing verwiesen auf das Bundesland Hessen, in dem jede Schule 105 Prozent Lehrer zur Verfügung habe - "denn irgendwer ist immer krank oder muss zur Fortbildung."

In den Statements aus dem Saal fochten die Schüler energisch für ihre Lehrer. Die seien hoffnungslos überlastet und meldeten sich wahrscheinlich deshalb so häufig krank. Auch die Stadt Ratingen bekam - in Anwesenheit von Bürgermeister Klaus Pesch ihr Fett weg. Von verschimmelten Klassenzimmern war da die Rede, bröckelndem Putz und lose aus der Decke baumelnden Kabeln. Trockener Kommentar der Kandidatenriege: "Das fällt alles in die Zuständigkeit der Stadt." SPD-Frau Müller-Witt ergänzte: "Rot-Grün hat zwei Milliarden Euro zusätzlich für Schulbauten bis 2020 bereitgestellt. Ratingen bekommt davon zusätzlich 850.000 Euro - pro Jahr."

In der zweiten Hälfte ging es um innere Sicherheit und Integration. Auch hier sehr ausdifferenziert. CDU-Mann Heinisch forderte die Einführung der Schleierfahndung. Dabei darf die Polizei auch ohne Anfangsverdacht intensiv kontrollieren. Für den Grünen Christian Otto ist das ein ziemlicher Nonsens: "Schon heute darf die Polizei jeden und jedes Fahrzeug anhalten, die ihnen verdächtig vorkommen."

(dne)
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