Ratingen IHK: Stadt muss auf ihr Kapital achten

Ratingen · Die Kammer warnt Politik und Verwaltung: Hohe Standards sind teilweise nicht mehr zu halten.

 Ratingens Kämmerer Martin Gentzsch.

Ratingens Kämmerer Martin Gentzsch.

Foto: a. blazy

Der hohe Spardruck ist da, dennoch will die Stadtspitze an kräftigen Investitionen in die Infrastruktur festhalten. Noch im Dezember soll der Haushalt für die Jahre 2016/2017 verabschiedet werden. Vor diesem Hintergrund hat nun die Industrie- und Handelskammer (IHK) Düsseldorf den Haushaltsplan der Stadt Ratingen kritisch unter die Lupe genommen.

Ausgangspunkt: Für die Jahre 2016/17 stellt die Stadt einen Doppelhaushalt auf. Wie das laufende Haushaltsjahr wird auch dieser - ebenso wie die Haushalte der Folgejahre 2018 bis 2020 - mit einem kräftigen Defizit abschließen. Da diese Fehlbeträge jeweils durch Entnahmen aus der Ausgleichsrücklage gedeckt werden können, werden die Haushalte zumindest fiktiv ausgeglichen sein. Dennoch sei es wichtig, den Eigenkapitalverzehr im Auge zu behalten, der die Ausgleichsrücklage von rund 63,6 Millionen Euro (Ende 2014) in Summe bis Ende des Jahres 2020 um rund 27,2 Millionen Euro auf dann rund 36,4 Millionen Euro abschmelzen wird. "Anlass zur Sorge besteht insbesondere, weil die Defizite in Zeiten guter konjunktureller Entwicklung und kräftiger Gewerbesteuereinnahmen auflaufen", so IHK-Haushaltsexperte Martin van Treeck.

Für das Jahr 2016 sieht der Haushaltsplanentwurf Erträge in Höhe von rund 270,3 Millionen Euro und Aufwendungen in Höhe von rund 275,4 Millionen Euro sowie ein daraus resultierendes Defizit in Höhe von rund 5,1 Millionen Euro vor (2017: Erträge: rund 279,2 Millionen Euro, Aufwendungen: rund 284,2 Millionen Euro, Defizit: rund fünf Millionen Euro). Bei den Gewerbesteuereinnahmen plant die Stadt vorsichtig mit rund 88 Millionen (2016) und 89 Millionen Euro (2017). Um den drohenden Eigenkapitalverzehr zu begrenzen, hat der Rat der Stadt bereits mit der Verabschiedung des Haushaltes 2015 ein Konsolidierungsprogramm beschlossen. Dieses sieht Einsparungen bei Personal und Sachmitteln (rund 12,2 Millionen Euro) sowie Einnahmeverbesserungen in Höhe von rund 8,5 Millionen Euro vor. "Wir begrüßen ausdrücklich den erklärten Willen der Stadt Ratingen zur Haushaltskonsolidierung. Wenn es jetzt noch gelingt, den ein oder anderen sehr hohen Standard auf ein gesundes Maß zurückzuführen und damit die Ausgaben weiter zu reduzieren, ist die Stadt auf dem richtigen Weg", so der IHK-Fachmann. Allerdings, so die Kammer weiter, sei ein Großteil der Unterdeckungen in den Haushalten ab dem Jahr 2014 auf Ratingens Verpflichtung zur Zahlung der Solidaritätsumlage zurückzuführen. Dafür wurde und wird die Stadt mit hohen Beträgen zur Kasse gebeten: 2014 mit rund 4,3 Millionen, 2015 mit rund 5,4 Millionen und 2016 mit rund 4,2 Millionen Euro. Für die Folgejahre sei mit ähnlich hohen Belastungen zu rechnen. "Am Beispiel Ratingens zeigt sich sehr deutlich, wohin der Hase bei der Solidaritätsumlage läuft: Vermeintlich 'reiche' oder solide Kommunen müssen ihr Eigenkapital verbrauchen, um klammen Städten auf die Sprünge zu helfen. Ohne Solidaritätsumlage würde Ratingen nämlich aller Voraussicht nach ab 2018 auch wieder über strukturell ausgeglichene Haushalte verfügen können", so van Treeck.

Mit Blick auf die zunehmend fremd bestimmten Aufgaben der Kommunen erklärt van Treeck: "Die Musik, die Bund oder Land bestellen, müssen diese auch bezahlen, in dem sie die Städte mit entsprechenden Mitteln ausstatten."

Befürworter versprechen sich von einem Doppelhaushalt vor allem mehr Planungssicherheit. Hätte man einen Wunsch frei, dann würde man wohl die Einnahmen aus der Gewerbesteuer in den Haushalt stecken. Das geht natürlich nicht. Deshalb ist das, was Kämmerer Martin Gentzsch an bestimmten Zahlungen zu verbuchen hat, besonders bitter: Denn von der Gesamtsumme der Gewerbesteuer bleiben nur zehn Prozent übrig.

Eine florierende Stadt wie Ratingen wird ordentlich zur Kasse gebeten. Ein Wort hat sich bei Bürgermeister Klaus Pesch und Gentzsch eingebrannt: Umlage. Speziell: Kreisumlage, Solidaritätsumlage, Gewerbesteuerumlage und Umlage Fonds Deutscher Einheit. Insgesamt, so rechnen Pesch und Gentzsch vor, müssen in 2016 und 2017 jährlich Umlagen in Höhe von 80 Millionen Euro gezahlt werden.

(RP)
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