Ratingen Heimatverein führt durch Ratingen Ost

Ratingen · Mit der Eisenbahn kam die Industrie. Zuerst entstand die Eisenhütte, die im Volksmund "Nietenbude" hieß.

 Georg Hellhammer zeigt die ehemalige Einfahrt der Eisenhütte in Höhe der Peter-Kraft-Straße.

Georg Hellhammer zeigt die ehemalige Einfahrt der Eisenhütte in Höhe der Peter-Kraft-Straße.

Foto: Achim Blazy

Ost gehört zu den jüngeren Stadtteilen der Dumeklemmerstadt und erstreckt sich von Ratingen-Schwarzbach im Süden bis hin zur Kalkbahn im Angertal im Norden. Während sich im Süden primär die Industrie angesiedelt hat, ist der nördlichen Teil mehr mit Wohnbebauung versehen.

Und genau durch diesen Teil ging vergangenen Sonntag die Führung des Ratinger Heimatvereins, der 1925 auf Anregung des damaligen Bürgermeisters Max Scheiff gegründet wurde. Gut 80 Leute folgten bei strahlendem Sonnenschein den Ausführungen von Georg Hellhammer und Michael Lumer, dem Vorsitzenden des Heimatvereines. Schon am Startpunkt Ostbahnhof erfuhren die Teilnehmer von dessen Bedeutung für den Stadtteil. Der Ratinger Osten bestand früher nämlich fast nur aus Gehöften.

"Als 1872 die Eisenbahn kam mit ihrer Verbindung von Düsseldorf in das Ruhrgebiet, hat sich vieles hier geändert. Entlang der Bahnstrecke siedelten sich die ersten Industriebetriebe an", erklärte Lumer. Der erste Stopp des Rundganges wurde an der Festerstraße, vor dem ehemaligen Eingang der Eisenhüttenwerke eingelegt. Der 1890 in Düsseldorf gegründete Betrieb, der aufgrund seiner Herstellung von Nägeln, Schrauben und Nieten im Volksmund auch "Nietenbude" genannt wurde, war einer der ersten, der sich in Ost angesiedelt hatte und blieb dort bis zum Verkauf und zur Verlagerung nach Essen in den siebziger Jahren.

Heute befinden sich auf dem Gelände diverse kleinere Geschäfte und ein Einkaufszentrum. Immer wieder zeigten Lumer und Hellhammer während des Rundganges alte Fotos, weil viele der alten Gebäude und Geschäfte mittlerweile nicht mehr existieren, und erzählten kleine Anekdoten.

Zum Beispiel, dass die Wohnsiedlung an der Feldstraße früher auch "Schlangenloch" genannt wurde. "Aber nicht, weil es dort Reptilien gab. Damals waren die Wohnverhältnisse sehr kümmerlich und ärmlich, und man verglich die Behausungen mit einem Schlangenloch", erklärte Georg Hellhammer den Zuhörern.

Weiter ging es vorbei an der im Jahr 1947 gegründeten dritten Volksschule Ratingens in den ehemaligen Luna-Baracken, der heutigen Albert Schweizer Grundschule am Fröbelweg sowie dem "Haus Salem". Letzteres diente ursprünglich zur Erholung für die in Kaiserswerth arbeitenden Diakonissen und ist heute ein Alten- und Pflegeheim der Diakonie. Das Gelände für die spätere Wohnsiedlung "Auf der Aue" erwarb die Stadt nach dem Zweiten Weltkrieg wegen der Wohnungsnot vom Grafen von Spee als Erbpacht. Schnell waren die Parzellen mit einer Größe von bis zu 2000 Quadratmeter vergeben und mit viel Eigenleistung und Gemeinschaftsarbeiten wurden die Häuser hochgezogen.

Kurz vor dem Eingang ins Angertal gab es damals übrigens auch noch die legendäre Kneipe von Fritz Brinkmann, über die Hellhammer auch noch eine kleine Geschichte zum Besten gab. In der Kneipe traf sich seinerzeit alles, was Rang und Namen hatte, vor allem die Arbeiter der damals ortsansässigen Papierfabrik Bagel am Ende des Papiermühlenwegs. Und weil Brinkmann stets besorgt um das Wohl seiner Gäste war, hatte er abends immer pünktlich um 22 Uhr die Stühle hochgestellt, so dass die Arbeiter frühzeitig nach Hause gehen konnten, um am nächsten Tag ausgeschlafen ihren Dienst in der Fabrik antreten zu können.

Weitere Informationen zum Verein und seinen unterschiedlichen Veranstaltungen sind im Internet zu finden unter: www.heimatverein-ratingen.de

(mvk)
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