Gianna Zurlo Und Christoph Lachrath Geduld haben - und ganz viel Spaß

Ratingen · Zwei Urgesteine der Stadtranderholung ziehen Bilanz. Es gibt für die die Tätigkeit eine Aufwandsentschädigung.

 Haben Spaß: Gianna Zurlo und Christoph Lachrath im munteren Kinder-Pulk.

Haben Spaß: Gianna Zurlo und Christoph Lachrath im munteren Kinder-Pulk.

Foto: Blazy, Achim (abz)

Betreuer bei der Stadtranderholung - das klingt anstrengend.

Gianna Zurlo (lacht) Oh, das ist es manchmal auch. Wir haben in jeder Gruppe 32 Kinder zwischen sechs, teilweise sogar fünf und 13 Jahren. Da wissen Sie nachmittags, was sie getan haben und brauchen manchmal etwas Ruhe. Aber das ist spätestens am nächsten Morgen vergessen: Ich freue mich dann einfach nur noch darauf, den Tag mit den Kindern und den Kollegen aus dem Betreuerteam zu verbringen, weil es unglaublich viel Spaß macht.

Sonst wären Sie beide wohl auch kaum die Betreuerurgesteine.

Christoph Lachrath Das stimmt. Das hier ist kein Nebenjob. Man muss sich auf die Kinder und ihre Hintergründe einlassen und mit ihnen eine tolle Zeit teilen. Wenn man trotz des Stresses, den es manchmal gibt, daran keinen Spaß hätte, wäre man ganz schnell nicht mehr dabei. Und für Geld kommen Sie auch nicht hierher, da es nur eine kleine Aufwandsentschädigung gibt.

Zurlo Am Thema Geld merkt man auch, ob jemand mit Herzblut dabei ist. Denn wer meint, damit einen gut bezahlten Ferienjob zu haben, der kommt nach dem ersten Mal nicht wieder. Wir werden nach der Übungsleiterpauschale bezahlt. Und mancher, der sich das beim ersten Mal auf die geleisteten Stunden ausgerechnet hat, hatte danach keine Lust mehr.

Wie sieht so ein typischer Tag aus?

Lachrath Wir treffen uns gegen 8.30 Uhr am Parkplatz Stadionring und fahren dort mit den verschiedenen Gruppen zu den Unternehmungen. Das können Ausflüge in Schwimmbäder oder Parks sein, die mal etwas weiter weg sind, oder wir bleiben hier in der Stadt. An manchen Tagen gehen wir aber auch in eines der Jugendzentren und arbeiten dort kreativ mit den Kindern. Am Nachmittag kommen wir dann wieder zurück, die Kinder werden dann in der Regel von den Eltern am Parkplatz wieder abgeholt.

Zurlo Für uns geht es dann manchmal noch weiter, wenn für den nächsten Tag noch Sachen eingekauft werden. Das kann schon einmal lang werden.

Was ist das Tolle an der Tätigkeit?

Zurlo Der Umgang mit ganz verschiedenen Kindern, die aus den unterschiedlichsten Verhältnissen kommen. Das ist durchaus ab und zu anspruchsvoll. Und wir können Kindern aus Familien, in denen es vielleicht weder ein Auto noch viel Geld gibt, Ausflugsmöglichkeiten anbieten, zu denen sie sonst nie hin kämen. Das sind zum Beispiel Fahrten ins Aqualand nach Köln oder nach Kevelaer ins Irrland.

Bei der Stadtranderholung sind auch behinderte Kinder dabei.

Lachrath Das gehört hier schon immer dazu. Es ist jedes Mal ganz toll, wenn Sie mit ansehen können, wie behinderte Kinder innerhalb kürzester Zeit ohne jede Vorbehalte in die Gruppen integriert werden. Im Gegensatz zu manchem Erwachsenen ist es für die Kinder eine absolute Selbstverständlichkeit, dass auch die eingeschränkten Teilnehmer ohne Wenn und Aber mit einbezogen werden.

Viele der Teilnehmer begleiten Sie dabei über Jahre.

Zurlo Es gibt mittlerweile sogar schon Betreuer, die ich selbst noch als Kind in einer Gruppe hatte. Das ist unglaublich. Da fällt mir immer auf, wie alt ich geworden bin.

Lachrath Über die Jahre kann man die Veränderungen deutlich bemerken bei den Kindern, wie sie sich körperlich und mental entwickeln.

Wo Sie schon das Wort Entwicklung ansprechen: Hat Ihnen die lange Zeit bei der Stadtranderholung auch etwas gebracht?

Lachrath Auf jeden Fall. Früher war ich still und zurückhaltend, heute habe ich wesentlich mehr Selbstbewusstsein, kann mich durchsetzen, oder habe gelernt, Elterngespräche zu führen, wenn es mal Probleme gibt.

Zurlo Ich habe gelernt, empathischer zu sein, einfach zu hinterfragen, warum ein Kind in einer gewissen Situation so reagiert, wie es reagiert. Das nicht hinzunehmen, sondern die Ursache für Verhalten zu hinterfragen.

Ist Ihnen schon einmal ein Kind verloren gegangen?

Lachrath Nein, das ist noch nie passiert und wird nach meiner Einschätzung auch nie vorkommen, weil alle Betreuer sehr gewissenhaft sind und gut auf die Verantwortung vorbereitet werden. Es gab aber mal eine Gruppe, da war plötzlich beim Einsteigen in den Bus ein Kind zu viel. Das hatte sich in einem Freizeitpark der Gruppe angeschlossen und ist mitgegangen.

Was muss eigentlich ein Betreuer mitbringen, um gut zu sein?

Zurlo (lacht) Geduld ist eine wichtige Eigenschaft. Und man darf sich nicht aus der Ruhe bringen lassen. Denn wie schon gesagt, manchmal kann es schon sehr anstrengend und laut sein, über 30 Kinder einen ganzen Tag lang zu beschäftigen und beaufsichtigen. Da kann einem nach ein paar Tagen auch schon einmal wie mir in der vergangenen Woche die Stimme versagen.

KARL RITTER STELLTE DIE FRAGEN.

(RP)
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