Ratingen Gedanken werden zu bunten Bildern

Ratingen · In einem Graffiti-Workshop lernen zehn Jugendliche, wie sie ihre Kreativität mit der Sprühdose ganz legal ausleben können.

 Graffiti-Spaß im Jugendzentrum West mit (von links) Rebeca, Tom, Mel und Kaya. Tachi Cevik (hinten links) leitet den Kursus und gibt Tipps.

Graffiti-Spaß im Jugendzentrum West mit (von links) Rebeca, Tom, Mel und Kaya. Tachi Cevik (hinten links) leitet den Kursus und gibt Tipps.

Foto: achim blazy

WEst Gerade einmal 15 Minuten hat es gedauert - und schon ist Mels Entwurf fertig. Das, was noch nur auf dem Blatt Papier zu sehen ist, soll bald ein farbenfrohes Graffiti werden. Für den 13-Jährigen wird es eine Premiere sein: "Ich male und zeichne zwar gerne, aber mit einer Sprühdose habe ich dabei noch nie gearbeitet", sagt er. Aber er freut sich drauf und ist neugierig, wie das so sein wird: "Das ist bestimmt eine spannende Erfahrung. Vor allem weil man dann etwas erschafft, was jeder sehen kann, dass es aber nur ein einziges Mal gibt." Das Leuchten in den Augen des Teenagers verrät die Vorfreude.

Tachi Cevik, Rap-Ikone aus West und Leiter des Graffiti-Workshops, kennt diesen Gesichtsausdruck: "Es ist die Faszination, etwas Bleibendes zu schaffen. Nur leider führt das bei manchen Leuten dazu, dass sie illegal irgendwo sprayen. Und das ist und bleibt einfach Sachbeschädigung. Ganz nebenbei sorgen solche Aktionen auch noch dafür, dass Graffiti-Künstler einen schlechten Ruf haben", so der Musiker, der seit langen Jahren mit der Jazzkantine auftritt. Zufrieden schaut er sich die Skizze seines Schützlings an: "Das ist wirklich gute Arbeit." Wirklich etwas erkennen, das kann man nicht - aber das muss so sein, sagt der Experte. "Wild Style" nenne sich diese Graffiti-Art, deren Eigenschaft ist, dass die Worte, die da entstanden sind, nicht leicht leserlich sind. Oder sind es überhaupt Worte?

Mel ist sich selbst da gar nicht so sicher: "Ich hatte nur eine ganz grobe Idee, als ich mich an den Tisch gesetzt habe. Und dann habe ich einfach meinen Gedanken freien Lauf gelassen und weiter gemacht." Gedanken, die zu bunten Bildern werden - das ist genau das, was Graffiti ausmacht, so Cevik: "Richtig gute und vor allem legal angebrachte Sachen sind wirklich Kunst, weil sie in der Regel eine Aussage haben." Das können Bilder sein oder einfach nur Namenszüge, die zu einem Graffiti einfach dazu gehören: "Sie sind so etwas wie die Visitenkarte des Sprayers, der damit sein Revier markiert", sagt Cevik lachend, wird aber gleich ernst: "Oft müssen wir Aufklärungsarbeit leisten, weil viele Menschen mit Graffiti eben Sachbeschädigungen verbinden."

Weil es schwer ist, mit der Spraydose als Anfänger wirklich genau zu arbeiten, sind die Skizzen besonders wichtig. Das weiß auch Mele: "Ich hoffe mal, dass ich das gleich auch so an die Wand kriege, wie es hier auf dem Blatt aussieht." Das dürfte kein einfaches Unterfangen werden, denn die verschlungenen Linien, die ineinander übergehen, dürften einiges an Konzentration erfordern. Aber der Junge ist ehrgeizig: "Ich finde Graffitis cool." Das sieht auch Rebecca so. Die Zehnjährige hat sich aber ein etwas einfacheres Motiv ausgesucht als ihr Tischnachbar: "Ich mache einfach zwei R's, die Initialen von Vor- und Nachnamen", erzählt sie und deutet auf das Blatt vor ihr. Und dann wird es spannend, die Vorarbeiten sind abgeschlossen. Gemeinsam ziehen die Nachwuchs-Sprayer vom Club West am Berliner Platz in Richtung Gothaer Straße. Die Vorfreude auf das Sprayen ist groß. Da ist's sogar egal, dass pünktlich der Regen einsetzt. Aber das kann einen echten Sprayer nicht erschüttern.

(wol)
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