Peter Nieth "Fußgänger sind stark gefährdet"

Ratingen · Die Zahl der Verkehrstoten ist gestiegen, bedauert der neue Leiter der Polizeidirektion Verkehr im Kreis Mettmann.

 Bei der Polizeiaktion "Schütz dich" ging es genau um die Gefahren, die Fußgängern drohen. Unser Bild zeigt eine Infostunde mit Schülern in Haan aus dem Herbst 2015.

Bei der Polizeiaktion "Schütz dich" ging es genau um die Gefahren, die Fußgängern drohen. Unser Bild zeigt eine Infostunde mit Schülern in Haan aus dem Herbst 2015.

Foto: Olaf Staschik

Herr Nieth, am 17. Januar hat ein links abbiegender Autofahrer auf der Kaiserstraße in Haan zwei Fußgänger angefahren. Ein 87-Jähriger ist seinen schweren Kopfverletzungen erlegen. Ist das der erste Verkehrstote im Kreis Mettmann in diesem Jahr?

Nieth Ja, das ist leider so. Zur Schuldfrage kann ich nichts sagen. Die Staatsanwaltschaft ermittelt wegen fahrlässiger Tötung. Der Unfall ist um 17.21 Uhr auf einem Fußgängerüberweg passiert. Da war es schon dunkel.

Wie viele Menschen starben im vergangenen Jahr bei Verkehrsunfällen im Kreis?

Nieth 14 Personen. Das ist ein trauriger Rekord. Zum Vergleich: 2014 hatten wir nur einen einzigen Verkehrstoten im Kreis.

Haben Sie eine Erklärung für diese hohe Zahl?

Nieth Wir analysieren ständig sämtliche Verkehrsunfälle. Ich muss ganz ehrlich sagen: Eine einfache Erklärung gibt es nicht. Viele Faktoren spielen eine Rolle. Die Unfälle mit Toten verteilen sich gleichmäßig über alle Kreisstädte. In Hilden kollidierte am 25. Februar auf der Klotzstraße gegen 18.40 Uhr ein langsam fahrender BMW mit einem 78-jährigen Fußgänger. Der Senior wurde tödlich verletzt. Am 8. Juni wurde ein 55-jähriger Motorradfahrer auf der Düsseldorfer Straße bei der Kollision mit einem Auto tödlich verletzt. Von den 14 Verkehrstoten 2015 waren sieben Fußgänger. Fünf von ihnen waren im Winter unterwegs und dunkel gekleidet.

50 Prozent der Getöteten waren Fußgänger. Sind sie besonders gefährdet?

Nieth Bei einer Kollision mit einem Fahrzeug sind Fußgänger - ebenso wie Radfahrer - einfach schlechter geschützt, weil sie keine Knautschzone haben. Deshalb haben wir die Aktion "Sehen und gesehen werden" gestartet. Wir haben über die Polizeiwachen 5000 fluoreszierende Klappbänder gratis verteilt. Für uns eine sehr große Resonanz. Das kostet aber Geld. Daher können wir das nicht ständig fortführen. Wir sind deshalb aber auch kritisiert worden.

Warum?

Nieth Man hat uns vorgeworfen, einseitig die Fußgänger ins Visier zu nehmen. Das ist ein Missverständnis. Uns geht es nicht um die Schuld, sondern darum, Unfällen vorzubeugen. Tatsache ist: Viele Fußgänger sind dunkel gekleidet und im Winter schlecht zu erkennen.

Was bringen denn die Reflektoren?

Nieth Mit Reflektor ist ein dunkel gekleideter Fußgänger für einen Autofahrer aus 150 Metern Entfernung sichtbar, ohne erst aus 25 Metern. Wenn ein Auto mit 50 km/unterwegs ist, beträgt der Bremsweg inklusive Reaktionszeit 27 Meter. Dann ist es für den Fußgänger schon zu spät.

Im vergangenen Jahr wurden drei Motorradfahrer bei Unfällen im Kreis getötet, 2014 keiner. Gibt es eine Erklärung dafür?

Nieth Zu zwei Fällen kann ich etwas sagen. Im Mai wurde ein Motorradfahrer getötet, der in einer Nebenstraße ein Wheely geübt hat. Er hat versucht, nur auf dem Hinterrad zu fahren - ohne Schutzkleidung. Er ist gestürzt und hat sich tödlich verletzt. Im Juni stieß ein Motorradfahrer in Hilden mit einem Linksabbieger zusammen. Er war viel zu schnell unterwegs. Eine Minderheit unter den Motorradfahrer rast einfach. In den vergangenen sechs Jahren schwankte die Zahl der getöteten Motorradfahrer stets zwischen 0 und drei. Wir konnten keine besonderen Schwerpunkte ausmachen. In Heiligenhaus, Velbert oder im Bergischen gibt es besonders beliebte Strecken. Die haben wir in der Saison immer im Auge. Verglichen mit der Eifel oder dem Oberbergischen Kreis haben wir im Kreis Mettmann aber sehr viel weniger Motorrad-Unfälle.

Wie oft ist eigentlich die Polizei selbst in Verkehrsunfälle verwickelt?

Nieth 2015 gab es im Kreis 67 Verkehrsunfälle mit Dienst-Kraftfahrzeugen. Dabei wurden acht Personen verletzt. Im Jahr 2014 hatten wir 76 Verkehrsunfälle mit Polizeifahrzeugen und sieben Verletzten.

Wie hat sich das Unfallgeschehen 2015 entwickelt?

Nieth Wir sind noch bei der Auswertung. Es lässt sich aber feststellen, dass es insgesamt etwas mehr Verkehrsunfälle im Kreis gibt, aber weniger Unfälle mit Kindern und jungen Erwachsenen.

CHRISTOPH SCHMIDT STELLTE DIE FRAGEN.

(RP)
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