Hösel Frauen immer mit Respekt behandelt

Hösel · Claudia Werntges war für die Flüchtlinge in der Turnhalle in Hösel fast rund um die Uhr im Einsatz.

 Claudia Werntges hat mit einem großen Team die Flüchtlinge in der Sporthalle an der Bismarckstraße in Hösel betreut.

Claudia Werntges hat mit einem großen Team die Flüchtlinge in der Sporthalle an der Bismarckstraße in Hösel betreut.

Foto: achim blazy

"Ja, auf jeden Fall würde ich es wieder machen!" Wer Claudia Werntges fragt, ob sie sich den Stress den vergangenen vier Monaten noch einmal antun würde, der bekommt eine Antwort, die keine Zweifel aufkommen lässt: Diese Frau steht hinter dem, was sie tut. Ohne jeden Zweifel. Vier Monate koordinierte sie ehrenamtlich die rund 50 Helfer, die sich in der Höseler Turnhalle an der Bismarckstraße die Flüchtlinge betreute.

Vier Monate, in denen sie abgesehen von einem lang geplanten knapp einwöchigen Urlaub, nahezu rund um die Uhr im Einsatz war - und das zusätzlich zu ihrem Dienst bei der Stadt Ratingen, bei der die Höselerin seit ihrer Ausbildung beschäftigt ist.

Als in der vergangenen Woche die Höseler Halle geräumt wurde, gab es großes Lob von Sozialdezernent Rolf Steuwe: "Was hier geleistet wurde, ist hoch anerkennenswert." Menschen aller Altersklassen kümmerten sich um die Schutzsuchenden - durch Sport, Spielnachmittage, die Essensausgabe oder einfach nur Gespräche. "Wir sind ein so tolles Team, ohne das all das nicht möglich gewesen wäre. Ich habe das zwar koordiniert, aber ich stehe bloß stellvertretend für all die anderen Menschen, die sich hier engagiert haben", sagt Werntges.

Dass sie zu dieser Aufgabe gekommen war, war bloßer Zufall: Als im Sommer 2015 die Notunterkunft am Karl-Mücher-Weg eröffnet wurde, gab sie dort einige Spenden ab. Blieb dann aber, um zu helfen: "Ich habe gesehen, dass dort einfach jede helfende Hand gebraucht wurde." Als dann im Herbst die Halle in Hösel eingerichtet wurde, sprach die Caritas Werntges an, ob sie als Höselerin dort die Koordination der Ehrenamtlichen übernehmen könne. Sie sagte zu - in dem festen Glauben, dass es bloß eine Handvoll Menschen wäre, die sich engagieren würden: "Ich habe es kaum glauben können, dass so viele Menschen gesagt haben, sie unterstützen uns."

Als die Arbeit losging, hatte sie anfangs durchaus ein mulmiges Gefühl: "Wie wird das mit einer Frau, die das Sagen hat? Würden die Bewohner mich wohl akzeptieren?" Heute kann die resolute Beamtin über diese Sorgen lachen: "Obwohl wir sehr viele junge Männer da hatten, gab es nie auch nur einen Moment, in dem mir oder den anderen Frauen kein Respekt entgegengebracht wurde." So kann sie sich erinnern, dass sie einmal eine laute Diskussion schlichtete, indem sie nur kurz die Stimme erhob. "Sofort war Ruhe", muss sie schmunzeln. So positiv die Erfahrungen der vergangenen Monate für die Koordinatorin waren, es gibt auch schlimme Erfahrungen: "Ich habe viel gehört und gesehen, was mich teilweise sehr traurig gemacht und tief berührt hat." Unvergessen ist für sie der Moment, als sie einen Kriegsflüchtling, der alles verloren hatte, nach einer Zeit in den Arm nehmen konnte und zusammen mit ihm einfach nur weinen konnte, über das, was er in seiner Heimat erzählt hat: "Das hat uns beide sehr zusammen geschweißt." Obwohl die Halle längst leer ist, die Menschen auf andere Unterkünfte verteilt sind, Kontakt gibt es immer noch. Für Werntges eine Selbstverständlichkeit: "Diese Menschen lasse ich nicht im Stich, sie sind Teil meiner Familie."

So verbrachte sie sogar das Weihnachtsfest in der Halle - übrigens mit einem festlich geschmückten Baum: "Den hatten sich unsere Flüchtlinge gewünscht, nachdem sie die schöne Stimmung auf dem Ratinger Weihnachtsmarkt erlebt hatten."

All das sind Bilder, die die Ur-Höselerin nie vergessen wird: "Die Zeit war stressig, es war nahezu ein zweiter Vollzeitjob. Aber die positiven Erlebnisse und all das, was die Menschen mir und dem Team mit ihrer Dankbarkeit und Freundlichkeit zurückgegeben haben, war jede Minute wert", sagt Werntges ganz überzeugt.

(RP)
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