Ratingen Flüchtlingshilfe: Der Ton wird rauer

Ratingen · Bei der Infoveranstaltung zur Landesunterkunft in Tiefenbroich blieben Ängste im Schatten blanker Polemik zurück.

 Die Informationsveranstaltung zur neuen Zentralen Unterbringungseinrichtung (ZUE) fand in der Tiefenbroicher Schützenhalle statt. Rund 350 Bürger waren anwesend.

Die Informationsveranstaltung zur neuen Zentralen Unterbringungseinrichtung (ZUE) fand in der Tiefenbroicher Schützenhalle statt. Rund 350 Bürger waren anwesend.

Foto: Achim Blazy

Irgendwann hatten sie genug, die Frauen und Männer aus dem beschaulichen Tiefenbroich. Sie verließen in Scharen die Infoveranstaltung von Regierungspräsidentin Anne Lütkes und Bürgermeister Klaus Pesch zur Zentralen Unterbringungseinrichtung (ZUE) des Landes im alten Cemex-Gebäude an der Daniel-Goldbach-Straße.

 Regierungspräsidentin Anne Lütkes: "Suchenden zu helfen, ist eine menschenrechtliche Verpflichtung."

Regierungspräsidentin Anne Lütkes: "Suchenden zu helfen, ist eine menschenrechtliche Verpflichtung."

Foto: Blazy, Achim (abz)

"Suchenden zu helfen, ist eine menschenrechtliche Verpflichtung", hatte die zwischendurch sichtlich um Fassung ringende Lütkes zu Beginn den rund 350 Menschen aus dem Stadtteil ins Gewissen geredet. Als jedoch Manfred Frorath, oberster uniformierter Polizist des Kreises, kleinteilig an aktuellen Zahlen belegen wollte, dass auch trotz der bereits hohen Flüchtlingszahlen die Kriminalitätsstatistik im vergangenen Monat im Vergleich zum Januar 2015 sogar minimal rückläufig war, reichte es vielen im Saal: "Die lügen alle nur", war noch der harmloseste Kommentar beim Verlassen des Saals.

Vor der Tür wurde der Ton anschließend wesentlich rauer. Unzitierbare Sprüche waren da im Schutz der Dunkelheit vor der Schützenhalle aus einer Gruppe mittelalter Herren zu hören. Dass manch einer im Saal eigentlich nur seine Ängste kund tun wollte, geriet bei so viel Polemik zwischenzeitlich fast in den Hintergrund. "Gut dass ein Sicherheitsdienst da ist", raunte ein Zuhörer in den hinteren Reihen des Saals seiner Begleiterin zu.

"Wer schützt unsere Kinder?" war die Frage, die die von Beginn an hitzige Stimmung fast eskalieren ließ. Frorath legte Zahlen vor: "Im Januar 2015 hatten wir im gesamten Kreis 26 Sexualdelikte, in diesem Jahr waren es 21. Es gibt einfach keinen Zusammenhang zwischen Sexualstraftaten und Flüchtlingen", sagte er. Doch es schien fast so, als wollte das niemand hören. Das erging Lütkes kurz vorher ähnlich, als sie versuchte, die Frage nach der Sicherheitslage im Stadtteil zu beantworten: "Hundertprozentige Sicherheit wird es in keinem Lebensbereich jemals geben." Abfällige Bemerkungen und höhnisches Lachen waren die Folge.

Dabei hatte Lütkes überraschend klare Kante gezeigt: "Integration fängt in dem Augenblick an, wo die Menschen verstehen, dass es Regeln und Anforderungen gibt, an die sie sich halten müssen." Dass diese Werte nicht verhandelbar, sondern Grundsteine des Zusammenlebens seien, müsse den Flüchtlingen vom ersten Moment deutlich klar gemacht werden: "Wir können zurecht Respekt von den Menschen erwarten, denen wir helfen wollen und müssen." Doch ihre Appelle blieben im Saal weitestgehend ungehört. Die Polemik, teilweise sogar offen formulierte Abneigung gewann die Überhand. Eventuell berechtigte Ängste von Fragestellern gerieten so zum Spielball der Wut.

Wie zum Beispiel die Frage, wie man verhindern wolle, dass die Menschen wegen Langeweile auf dumme Gedanken kommen könnten: "Können Sie nicht auch zu Arbeiten im öffentlichen Raum heran gezogen werden?", schlug ein Tiefenbroicher vor. Könne man durchaus, beschied Lütkes die Idee durchaus positiv. Es sollte einer der wenigen konstruktiven Beiträge dieses Abends bleiben.

(RP)
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