Analyse Flüchtlingshilfe bleibt ein Zahlenspiel

Heiligenhaus · "Verteilungsschlüssel", Schulklassen für "Seiteneinsteiger", "Erstunterbringung" - schon die Begriffe verwirren, wenn es um Flüchtlinge geht. Auf politischer Ebene gibt es Klagen über "komplizierte Abläufe" und die Forderung nach mehr Mitsprache für Städte.

 Politiker vor Ort haben die städtische Unterkunft Ludgerusstraße im Blick. Für die nur 100 Meter entfernt untergebrachten Flüchtlinge am Sportfeld ist allein das Land NRW zuständig.

Politiker vor Ort haben die städtische Unterkunft Ludgerusstraße im Blick. Für die nur 100 Meter entfernt untergebrachten Flüchtlinge am Sportfeld ist allein das Land NRW zuständig.

Foto: Blazy, Achim (abz)

Sicher ist in Sachen Flüchtlingsunterbringung in Heiligenhaus derzeit nur eines: Auf die Stadt werden weitere Herausforderungen zukommen. Das ist die Lage, von der Jörg Saborni, Fachbereichsleiter für Soziales, allerdings schon seit Monaten ausgeht.

Mit Zahlen zu belegen ist das zurzeit aber nicht. Anders als in anderen Städten des Kreises gab es in den vergangenen Wochen für Heiligenhaus keine Notzuweisungen von Flüchtlingskontingenten. Auch hier lehrt die Erfahrung die Pragmatiker vor Ort: Man muss kurzfristig dazu in der Lage sein, Menschen aufzunehmen und unterzubringen. Eine Besonderheit macht die Situation etwas unkalkulierbar. Durch das Nebeneinander einer städtischen Unterkunft und einer zentralen Anlaufstelle des Landes für die Erstunterbringung verändert sich der Verteilschlüssel für die Aufnahme. Die Stadt muss weniger Asylsuchende aufnehmen und versorgen.

Von der Lage machte sich der CDU-Bundestagsabgeordnete Peter Beyer während seiner Sommertour in Heiligenhaus ein Bild. Sein Fazit: "Speziell in die Landesunterkunft kommen Menschen aus sehr verschiedenen Kreisen für kurze Zeit zusammen. Klar, dass es sich hier nur um Notlösungen handeln kann." Aus seiner Sicht kann die bisherige Aufgabenteilung auf Dauer nicht fortbestehen. "Der Bund ist für die Asylverfahren zuständig, das Land für die Verteilung. Die Kommunen sind letztlich für die Unterbringung verantwortlich. Die Aufsplittung von Antragsverfahren und Unterbringung und Betreuung schafft unnötig komplizierte Abläufe." Im übrigen sollten Kommunen seiner Ansicht nach bei künftigen Flüchtlingsgipfeln neben Bund und Land "Sitz und Stimme" haben.

Die Formel von den "komplizierten Abläufen" trifft besonders auf ein Detail der kommunalen Flüchtlingshilfe zu - die so genannte "Seiteneinsteiger-Beschulung". Hier geht es um Kinder und Jugendliche, die aus dem Ausland kommend ohne Deutschsprachkenntnisse in das deutsche Schulsystem aufgenommen werden und nicht von Anfang an im deutschen Schulsystem verortet sind. Sie behalten den Status in den ersten zwei Jahren ihres Aufenthaltes in Deutschland. In den Grundschulen der Stadt gibt es keine gesonderten Klassen für sie. Flüchtlingskinder, aber auch andere Kinder, die unter die Definition fallen, werden grundsätzlich im normalen Klassenverband unterrichtet. "Sie erhalten aber je nach Bedarf auch spezielle und umfangreiche Einzelfallförderung. Diese Kinder werden im Wesentlichen in der Regenbogenschule und der Schule Schulstraße versorgt", teilt Schulamtsleiterin Renate Dubbert mit. In der Schulverwaltung steht man offenbar vor einer Herausforderung durch die Statistik. So können "zum jetzigen Zeitpunkt keine verlässlichen Zahlen über die an den Grundschulen beschulten Flüchtlingskinder" genannt werden. "Wir sind selber aktuell dabei, mit den Schulen und dem Kreisintegrationszentrum Mettmann die Zahlen abzugleichen. In den letzten Wochen war noch viel Bewegung drin, außerdem sind Seiteneinsteiger-Zahlen nicht gleich Flüchtlingszahlen. Da müssten noch Auswertungen gefahren werden", so Dubbert.

Bei den weiterführenden Schulen wird in diesem Schuljahr erstmals eine Seiteneinsteiger-Klasse gebildet - an der Realschule.

(RP)
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