Ratingen Die vielen Seiten des Vaters

Ratingen · Doktorvater, Herbergsvater, Vater Rhein - eine Vatertagstour durch den Kreis Mettmann.

 Klaus Wiegandt.

Klaus Wiegandt.

Foto: Achim Blazy

Niederschlagsfrei bei mehr als 20 Grad - für diese Vatertags-Vorhersage hat Jan Lohrum vorgesorgt. "Wir haben extra zusätzliche Kühlwagen mit Bier gefüllt - das sollte reichen", sagt der Wirt des Hotel-Restaurants "Zum Vater Rhein" in Monheim. 180 Gäste finden in dessen Biergarten Platz. Und Lohrum weiß, wie man Bierkennern den Mund wässrig macht: "Wir haben unter anderem König Ludwig Weizen, Früh Kölsch und Schumacher Alt - alles vom Fass", sagt der 36-Jährige.

 Jan Lohrum.

Jan Lohrum.

Foto: rm-

Der Restaurantfachmann hat vor dreieinhalb Jahren den Traditionsbetrieb von Familie Gethmann übernommen. Bis ins frühe 20. Jahrhundert diente das Gebäude als Orderstation für die Rheinschifffahrt. Deren Mitarbeiter fuhren vor Erfindung des Telefons mit kleinen Bötchen hinaus auf den Strom, um den Kapitänen neue Informationen über ihre Fahrtstrecke - die Order - mitzuteilen. Vor etwa 100 Jahren wurde das Haus dann in einen Gasthof umgewandelt.

 Heiner Müller-Krumbhaar.

Heiner Müller-Krumbhaar.

Foto: Ralph Matzerath

Warum und wie der zu seinem Namen kam, weiß Lohrum nicht genau zu sagen. Braucht er aber auch nicht, denn es liegt auf der Hand: "Vater Rhein" war ein beliebtes Motiv der Rheinromantik und auch noch im Kaiserreich sehr populär. Ein Beispiel ist die 1897 enthüllte Brunnenplastik "Vater Rhein und seine Töchter" am Düsseldorfer Ständehaus. Der ursprünglich römische Flussgott ("Rhenus Pater") wurde in eine deutsch-vaterländische Figur umgedeutet, auch in der Dichtung und in der Musik. So komponierte Paul Lincke im Jahr 1900 für seine Operette "Fräulein Loreley" den Festmarsch "Vater Rhein". 60 Jahre später wurde selbiger noch mal im Karneval besungen. "Ich hab' den Vater Rhein in seinem Bett gesehn" lautet der Titel des Schunkelschlagers.

 Burkhard Charlier.

Burkhard Charlier.

Foto: Olaf Staschik

Der Vater des Piwipper Böötchens, Prof. Heiner Müller- Krumbhaar, hat als Institutsdirektor am Forschungszentrum Jülich auch gut 30 Doktoranden persönlich betreut. "Da die Doktorandenstellen vom Forschungszentrum und der Deutschen Forschungsgesellschaft bezahlt wurden, mussten wir damit sehr verantwortungsvoll umgehen. Wir haben daher versucht, die Doktoranden in drei Jahren zur Promotion zu führen", so der Professor für Festkörperphysik.

Bevor er sich daher auf eine neue Vaterrolle einließ, habe er den jeweiligen Doktoranden "erstmal beschnuppert", versucht, seine Stärken und Schwächen zu ergründen, um zu wissen, woran er ist. "Dabei ging es weniger um Sympathie, sondern um die Frage, ob die Doktoranden tatsächlich zu selbstständigem wissenschaftlichen Arbeiten fähig sind." Drei habe er schließlich wieder "loswerden" müssen. Schließlich stehe man in der Forschung mit der gesamten Welt in Konkurrenz, da könne man sich keine groben Fehler leisten.

Wichtig finde er, dass man sich als Doktorvater in seinem Gebiet insofern auskennt, als dass man weiß, wo die Grenze zwischen dem Bekannten und dem Unbekannten liegt, und grundsätzlich eine Sympathie für junge Leute hegt. "Die Wahrscheinlichkeit, bei uns auf einen ungenießbaren Doktorvater zu stoßen, war gering, weil auch diese selbst einen gewissen Selektionsprozess durchlaufen hatten." Der Konkurrenzdruck habe da Maßstäbe geschaffen - auch für den fairen Umgang.

Der Herbergsvater (dne) Die Sache mit dem Vater geht ausgerechnet den Kindern nur noch schwer über die Lippen. "Die sprechen einen lieber mit 'Chef' an", hat Klaus Wiegandt (54) beobachtet. Dabei wäre er einer, der das "Vater sein" seit 20 Jahren quasi zum Beruf hat. Zusammen mit seiner Frau Vera leitet Klaus Wiegandt die Jugendherberge Ratingen. 170 Betten in 46 Zimmern - da gehört die richtige Mischung zwischen Autorität und Güte, da gehört der klassische Herbergs-Vater eigentlich genauso dazu wie lauwarmer Hagebuttentee. Klaus Wiegandt schnaubt: "Mittlerweile haben die Jugendherbergen ihr Leitbild gründlich verändert. Außerdem fehlt einem für die Rolle eines Herbergsvaters in einem so großen Haus wie Ratingen einfach die Zeit."

Dabei war es eigentlich der Wunsch nach mehr Kontakten mit Menschen, der vor gute Zwei Jahrzehnten aus dem Datentechniker den Jugendherbergsvater Wiegandt gemacht hat. "Der Bruder einer guten Freundin lebte mit seiner Frau und drei Töchtern genau dieses klassische Bild der Jugendherberge." Zusammen mit den Gästen waren sie eine große Familie. Alle packten mit an.

So ein Herbergs-Vater wollte Klaus Wiegandt auch werden. Etwas moderner vielleicht. Das traf sich exakt mit den Modernisierungsbestrebungen des Jugendherbergsverbandes. "Heute sind sind eher die Qualitäten eines Hotelmanagers gefragt", sagt Klaus Wiegandt mit fester Stimme. Mit patriarchalischer Güte allein lässt sich ein Haus wie das Ratingen nicht führen...

Doch wenn dann Grundschüler kommen, zunächst verlegen herumdrucksen - und schließlich zugeben, dass sie Heimweh haben - dann ist Wiegandt zur Stelle: "Mit einer Pille gegen Heimweh!" Eine Pille? Gegen Heimweh? "Na ja, etwas Süßes halt." Soul Food hat noch jedem Heimwehkranken die Tränen getrocknet. "Andersfalls würden die ja die ganze Gruppe anstecken - mit ihrem Heimweh."

Der Traktor-Vater (klm) Das Vatertags-Brauchtum pflegt auch ein Freundeskreis der Gaststätte "Berliner Eck" in Mettmann. Die zehn "Väter" machen sich heute mit einem Planwagen auf den Weg und fahren mehrere Stationen an - genügend Getränke sind geordert, verrät Burkhard Charlier. Er muss am Vatertag nüchtern bleiben, denn mit seinem Oldtimer-Traktor Marke Hanomag R40 Baujahr 1948 und dem von ihm und seiner Frau Brigitte Charlier liebevoll eingerichteten zehnsitzigen Planwagen geht es heute durch die niederbergische Landschaft. Der erste Halt wird am Golf-Club Haan-Düsseltal gemacht. "Da wird als Umladestation ein Fass Bier gegen ein Neues getauscht", sagt Burkhard Charlier. Es geht weiter durch das idyllische Dorf Gruiten und in der Ehlenbeck im Ausflugslokal "Im kühlen Grund" wird eine weitere Rast der geselligen Burschenrunde eingelegt. Im weiteren Verlauf geht es Richtung Neandertal und es folgt die Einkehr im netten Ausflugs-Café von Gaby Lüneburg auf "Gut Hellenbroich". "Wir haben damit aber unsere lustige Planwagenfahrt noch nicht beendet", betont Charlier. Bevor der nette Thekenkreis wieder Kurs auf das Stammlokal "Berliner Eck" an der Berliner Straße in Mettmann nimmt, geht es oder besser gesagt "fährt es" zu einem Abstecher zur Feuerwehr nach Erkrath. "Da ist am Vatertag immer eine Menge los", versichert Charlier. Wenn die Planwagenfahrt beendet ist und er seinen Traktor auf seinem großen Anwesen in der Siedlung Kaldenberg am Feierabendweg abgestellt hat, geht er zu Fuß zum Berliner Eck. "Dann gönnt er sich auch einige Bierchen. Die hat er sich auch redlich verdient", sagt seine Ehefrau lächelnd.

Regelmäßig wartet und bastelt Burkhard Charlier als technisch begabte Traktorfahrer an seinem besonderen Gefährt. Die technischen Daten kennt er in- und auswendig und kann ausführlich über die Herkunft seines "Schleppers" berichten. "Der Traktor wurde von einem Bauernhof in Belgien aus Erstbesitz gekauft. Der Hanomag R40 ist während und nach seiner Bauzeit so etwas wie eine Legende geworden", sagt Charlier. Die robuste Bauweise und der mit 40 PS und 5,2 Liter Hubraum nur gering belastete Motor hätten dem Traktor den Ruf als "unkaputtbar" eingebracht. "Er wird gern als Lokomotive auf Rädern bezeichnet", erzählt Burkhard Charlier aus dem Nähkästchen.

(elm)
Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort
Ihr Thema?
Darüber sollten wir mal berichten? Sagen Sie es uns! Ihr Thema?