Ratingen. Die Frau hat die App zur Stadtgeschichte

Ratingen. · Karen Funken absolviert ihr Freiwilliges Soziales Jahr bei der Stadt Ratingen. Sie möchte einmal Beamtin werden.

Da sitzt Karen Funken, 19 Jahre alt, im geographischen Dreieck der Städte Venlo, Straelen und Kempen - also in Wachtendonk - geboren, und zögert keinen Moment, wenn sie mal Wunsch und Blick in die Zukunft richten möge: "In zehn Jahren würde ich gern in einer Stadtverwaltung mit netten Kollegen als Beamtin im gehobenen Dienst arbeiten". Donnerwetter. Sie weiß, was sie will und ist mit dieser Einstellung sicher ein Gewinn für jede Behörde.

Denn schon jetzt hat sie in Ratingen in ihrem Freiwilligen Sozialen Jahr eine ordentliche Arbeit abgeliefert, die ihr als Projekt angerechnet wird. Sozial bedeutet beim Sozialen Jahr eben nicht nur mildtätige Nächstenliebe, sondern kann auch tatkräftigen Einsatz in den Kultureinrichtungen einer Stadt bedeuten. Und in genau diesem Zusammenhang hat die junge Frau seit September in Stadtarchiv und Medienzentrum gewirkt, wird das auch noch bis in den Spätsommer hinein tun. Und das mit großem Wohlwollen von Erika Münster-Schröer, die das Gedächtnis der Stadt und die mannigfaltigen Schätze im Medienzentrum hütet.

"Neben manchen Recherchen, die Karen Funken zur großen Zufriedenheit angestellt hat, brachte sie die App zum jüdischen Leben in Ratingen auf die Beine und erarbeitete damit einen hoch interessanten Beitrag zur Stadtgeschichte", lobt Münster-Schröer. Es gibt natürlich auch eine sehr ordentliche Broschüre zum Thema, in der anhand der an manchen Stellen dürftigen Unterlagen schon ein Blick auf die Geschichte der Juden in Ratingen möglich ist, es gibt eine Dokumentation der Stolperstein-Aktionen in der Dumeklemmerstadt. Die wiederum sind nur vor den Häusern und Geschäften der Juden zu finden, die dem Holocaust zum Opfer fielen. Karen aber forschte weiter und bastelte auch die Texte der Broschüre um. Und nun gibt es die App für iOS- und Android-Smartphones.

Als Gerüst wurde sie von "Bildungspartner NRW" angeboten, einer Initiative, die unter anderem 1284 nordrhein-westfälische Schulen sowie 390 Bildungs- und Kultureinrichtungen vereint.

Karen Funken, die als Jugendliche in einer Bücherei mitarbeitete, eher ohne künstlerische Rosinen im Kopf ihre Arbeit machte, hat nach dem Abitur nicht ohne Verzug studieren wollen. "Es sollte mal etwas anderes sein", meinte sie und schildert den letztlich stolperfreien Weg von dieser Idee bis in die Ratinger Behörde. Hier half ihr, dass sie gut strukturiert ans Werk geht, dass sie zügig arbeitet und "was wegschafft". Dabei meint sie, ungeduldig zu sein - was man nicht wirklich denken mag.

Da hinter der Bildungspartner-App ein ganz eindeutiger Impetus steht, muss man schon die 2,3 Kilometer durch Ratingen von einem Info-Punkt zum nächsten gehen, um sich zu bilden. Man kann also nicht im Café sitzen und zunächst die gesamte Strecke Revue passieren lassen. Und gedacht ist die App auch nicht für Vertreter gesetzteren Lebensalters, sondern eher für Jugendliche der Mittelstufe. Per Global Positioning System (GPS, auf Deutsch Globales Positions-Bestimmungssystem) wird man zu den im System hinterlegten Gedächtnispunkten geleitet, ein Kartenausschnitt sorgt dafür, dass sich kein User verläuft.

Dafür wären sicher ein paar attraktive Fotos von heute als Gegengewicht zu den finsteren Aufnahmen vom Anfang des vergangenen Jahrhunderts wünschenswert. Falls das irgendwann sein soll, lässt sich der Parcours auch nachträglich aufwendiger gestalten.

Die Nutzung der App ist darüber hinaus nur möglich, wenn man wenigstens zwei Namen als Parcours-Teilnehmer einträgt (es soll Gemeinschaft gepflegt werden) und sich mit einem Passwort einloggt. Das allerdings wird auch andernorts verlangt.

Ob nun ein eindrucksvolles Begrüßungsbild den Stadt-Spaziergang einläutet oder sonstige grafische Finessen verarbeitet werden - die Macherin sieht es leidenschaftslos. Sie hat immerhin in kurzer Zeit eigenständig ein gescheites Produkt hergestellt.

(gaha)
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