Ratingen Der Blaue See ist reif fürs Museum

Ratingen · Birgit Jensen und Jörg Steinmann thematisieren bildgewaltig und akustisch Aspekte der Steinzeit am Lieblingsgewässer.

 Tonkünstler Jörg Steinmann und Malerin Birgit Jensen vor dem Motiv "Blauer See" - hier in der Nachtvariante. Dass der Audio-Künstler neben einer Lautsprecherbox kniet, ist kein Zufall: Das Steinzeitthema wurde akustisch als bemerkenswerter Klangteppich umgesetzt.

Tonkünstler Jörg Steinmann und Malerin Birgit Jensen vor dem Motiv "Blauer See" - hier in der Nachtvariante. Dass der Audio-Künstler neben einer Lautsprecherbox kniet, ist kein Zufall: Das Steinzeitthema wurde akustisch als bemerkenswerter Klangteppich umgesetzt.

Foto: Achim Blazy

Allein wegen ihrer schillernden Namen sind die diversen Seen der Stadt magnetischer Anziehungspunkt für Erholungssuchende. Auch Wahl-Düsseldorferin Birgit Jensen "bereist den Blauen See seit Jahren", wie die Malerin sagt. Die "Wechselwirkung zwischen Natur und Mensch" hat sie dabei "besonders fasziniert". Wie das in ihrer künstlerischen Interpretation sowie dem Zusammenspiel mit dem Audiokünstler Jörg Steinmann aussieht und sich anhört, ist in "Ausstrahlung - Stichprobe Steinzeit, Bild und Ton" zu erleben. Es sind Einlassungen, die Themen wie "Zeit" und "Veränderung" dokumentieren und sichtbar machen.

"Es sind unabhängige Arbeiten, die im Projekt zusammenkommen", beschreiben die miteinander befreundeten Künstler ihre separat entstandenen und nun für die Schau im Museum Ratingen (Infobox) miteinander verwobenen Bild-Ton-Elemente. Ausgangspunkt für beide ist eine "sehr experimentelle Herangehensweise und der Versuch, die Subjektivität der Wahrnehmung auszuloten".

Was kompliziert klingt, ist ein Erlebnis für die Sinne auf einem weit in die Vergangenheit zurückreichenden Zeitstrahl rund um den Nukleus Blauer See. Im Mittelpunkt der Schau stehen vier unterschiedliche Bilder, die grundsätzlich das gleiche Motiv, besagtes Gewässer, zeigen und akustisch durch einen mit diesem magischen Ort in Verbindung stehenden Geräuschteppich unterlegt werden. Durch die unterschiedliche Farbigkeit symbolisieren diese vier Bilder Zeiten, mal thront ein kreisrunder Mond über der Idylle, mal ist es ein watteweiches lichtes Wolkenband, das den taghellen Himmel durchzieht. Weitere Arbeiten übrigens zeigen Himmelskörper. In Vitrinen sind museumseigene Artefakte von vor etwa 40.000 Jahren zu sehen. "Jedes Bild hat eine eigene Atmosphäre", beschreibt die Malerein ihre Arbeiten. Die herzustellen gelingt ihr durch eine spezielle, von ihr entwickelte Art des Farbauftrags. Der ist einem technischen Verfahren wie dem des Siebdrucks ähnlich. "So gelingt der perfekte Farbauftrag, ich kann das Bild regelrecht choreographieren", beschreibt sie einen strategischen Aspekt ihrer Vorgehensweise, Zeit zu zeigen.

Mit künstlerischen Mitteln geht sie so etwas wie einer immateriellen Aura von Artefakten und dem Ort ihrer Entstehung nach. Der Blaue See ist in diesem Kontext das Synonym für eine "lange Entwicklungsgeschichte" und der Industrialisierung, die einst an dieser Stelle mit dem Kalkabbau begann. Mehr als drei Jahre recherchierte die Künstlerin immer wieder in dem Gebiet, stieß auf alte Trichteröfen, in denen vor Jahrhunderten Kalk gebrannt wurde, bis in den 30er Jahren des vergangenen Jahrhunderts erst der Kalkabbau endete, sich Wasser sammelte und so der Steinbruch am Oberbusch zum berühmten Blauen See mutierte.

Akustikkünstler Jörg Steinmann greift die Idee der "Steinzeitstichprobe" eigenständig auf. Um die Veränderung des Ortes hörbar zu machen, hat er Naturlaute, wie sie einst der Neandertaler wahrgenommen haben mag, mit Zivilisationsgeräuschen gemischt und in einer Art Montage zu 37-minütigen Loops (Schleifen) zusammengestellt - als "akustisches Panorama".

(RP)
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