Ratingen Bewegung bringt Fitness ins Gehirn

Ratingen · Britische Wissenschaftler haben den Zusammenhang zwischen Aktivität und einer Demenzerkrankung untersucht.

Sportgruppen für Ältere werden in allen Städten angeboten wie beispielsweise beim TV Ratingen. Hier kümmern sich die Teilnehmer unter Anleitung um ihr Gleichgewicht.

Sportgruppen für Ältere werden in allen Städten angeboten wie beispielsweise beim TV Ratingen. Hier kümmern sich die Teilnehmer unter Anleitung um ihr Gleichgewicht.

Foto: Achim Blazy

Wer selber kaum vom Sofa kommt, um ein gemischtes Körpertraining zu absolvieren - der könnte vielleicht den Hebel bei Oma und Opa ansetzen. Immerhin wäre die Ermunterung hilfreich, sie an Demenz und Alzheimer vorbei schrammen zu lassen. Für sich selber sollte das Thema aber trotzdem noch mal auf den Plan.

Wirklich sinnvolle Medikamente sind noch nicht auf dem Markt. Doch die Neurochirurgen und Sportwissenschaftler machen sich Hand in Hand an die Arbeit, um Betroffenen zu helfen und solchen Menschen Wege zu weisen, die noch gar nicht wissen, dass und ob sie einmal vom Fluch des Vergessens gepackt werden.

Wer seinen Körper auf Trab hält, kann das Demenzrisiko insgesamt um ein Viertel reduzieren und das Alzheimerrisiko sogar knapp halbieren. Das ergab eine britische Metaanalyse, eine zusammenfassende Auswertung von 16 Studien, in denen bei insgesamt 163.797 Menschen der Zusammenhang zwischen ihrer körperlichen Aktivität und der Entwicklung einer Demenzerkrankung untersucht worden war. (Physical activity and risk of neurodegenerative disease: a systematic review of prospective evidence.)

Sabine Weber aus Ratingen, Diplom Sozialpädagogin, Systemische Familientherapeutin und Rehabilitations-Sportübungsleiterin (unter anderem beim TV Ratingen) erklärt zum Thema: "Bewegung erweitert und stabilisiert die Blutgefäße, wodurch es im Gehirn zu vermehrter Synapsenbildung kommt. Das bedeutet, dass die Nervenzellen miteinander verbunden werden. Dies ist die Grundlage der menschlichen Intelligenz, denn bei Menschen, die sich viel bewegen, kommt es zu Dornenfortsätzen an den Nervenzellen, was besonders positiv auf das Kurzzeitgedächtnis wirkt."

Sie gibt jedoch zu bedenken: "Hier ist kein Leistungssport (und auch kein Schachsport) gemeint; denn schon ein halbstündiger Spaziergang (zwei bis vier Kilometer am Tag) im Park oder eine kleine Fahrradtour, beides in frischer Luft, haben eine gute Wirkung auf das Gehirn.

Wenn ein genetisches Alzheimerrisiko vorliegt, sind Sport und Bewegung ein guter Schutz. Körperliches Betätigen ist eben gut für den Kopf. Wer lebenslang in Bewegung ist, setzt sein Gehirn im höheren Alter in kniffligen und schwierigen Situationen stärker ein, als Menschen, die sich nie oder nur sehr wenig bewegt haben. Wobei die Sprüche vom Rasenmähen oder dem Spiel mit den Enkeln eigentlich nicht unter zielgerichteten Sport fallen. Und Sudokus bringen auch nicht die rechte Fitness ins Hirn.

Sie gibt als Tipp für 'Nichtsportler', auch im fortgeschrittenen Alter: "Zweimal zehn Minuten leichte Gymnastik am Tag oder dreimal in der Woche eine halbe Stunde spazieren gehen."

Wir leben länger als je zuvor. Während die Lebenserwartung Anfang des 19. Jahrhunderts bei nur 45 Jahren lag, erreichen die Menschen inzwischen in vielen Ländern ein durchschnittliches Alter von über 80 Jahren. Allerdings erfreuen wir uns in den letzten 20 Lebensjahren nicht unbedingt bester Gesundheit. Laut internationalen Studien entwickeln die meisten Menschen ab 60 mindestens eine dauerhafte Erkrankung, etwa Herzprobleme oder Diabetes. Unter den 80-Jährigen, so ergab kürzlich eine Untersuchung in Schweden, ist nur einer von zehn gesund. Die meisten leiden ab diesem Alter an mindestens einer oder sogar zwei chronischen Krankheiten. Man kennt die entsprechenden Patienten, die täglich offenbar klaglos eine Handvoll gemischter Arzneimittel zu sich nehmen. Wer nun ohne die auskommt, wer seine Gedanken zusammenhalten kann und dem Enkel mit eigener Fitness begegnet, hat vielleicht auch schon mal Glück gehabt.

Sabine Weber meint dennoch:"Wer sich fortlaufend bewegt, der schafft es auch im Alter, Entscheidungen zu treffen und Wichtiges von Unwichtigem zu unterscheiden. Für Sport ist es nie zu spät, auch mit 75 kann man damit beginnen - um Spaß zu haben und eigenverantwortlich geistigen Verfall aufzuhalten. Besonders Gruppensport ist empfehlenswert. Denn das soziale Miteinander ist auch gut für unser Gehirn."

Sportgruppen für Ältere werden in jeder Stadt angeboten. In Mettmann beispielsweise bei der Volkshochschule. Ab Freitag, 1. September, 8.30 bis 9.30 Uhr startet dort ein Kurs Gesundheitssport für die Generation 60+.

Übungen zur Verbesserung der Bewegung des Muskel-Skelettsystems wie etwa Kraft-, Dehn-, Koordinations- und Entspannungsübungen und Einübung von rückenfreundlichem Bewegungsverhaltensztehen auf dem Programm. Zum Inhalt gehören zudem Übungen zur Vorbeugung von Osteoporose. Kontakt unter Telefon 02104 13920.

(gaha)
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