Ratingen Baumwolle spinnen wie Brügelmann

Ratingen · Im Textilmuseum Cromford gab es gestern eine Mitmach-Führung durch die ständige Ausstellung.

 Pauline und ihre Großeltern Olaf und Ingeborg Ganssen versuchen, mit den Fingern einen Faden zu spinnen.

Pauline und ihre Großeltern Olaf und Ingeborg Ganssen versuchen, mit den Fingern einen Faden zu spinnen.

Foto: Achim Blazy

Das Industriemuseum des Landschaftsverbandes Rheinland umfasst insgesamt sieben Orte, die die Geschichte der Industrialisierung an Rhein und Ruhr erzählen. Dazu gehören auch die Textilfabrik und das Herrenhaus Cromford. Die ehemalige Baumwollspinnerei ist eine der ältesten Industrieanlagen in Deutschland. In den Jahren 1783 und 1784 gründete der Wuppertaler Unternehmer und Kaufmann Johann Gottfried Brügelmann die Fabrik. Vor 30 Jahren wurde dort noch Baumwolle gesponnen und gewebt. Die Textilfabrik ist fast vollständig erhalten und Besucher können originalgetreu nachgebaute Maschinen aus dem 18. Jahrhundert bewundern. Das Herrenhaus spiegelt den Erfolg der Familie wieder. Dort führt eine Dauerausstellung mit Audio-Guide durch das wirtschaftliche und private Leben der Brügelmanns.

Bis zum 30. Oktober läuft noch die Ausstellung "Die Macht der Mode - Zwischen Kaiserreich, Weltkrieg und Republik." Vor dem ersten Weltkrieg kam es zu einer Modernisierung in allen Lebensbereichen und gerade Frauen waren in ihren langen Schleppkleidern oft unpassend gekleidet. Die Ausstellung zeigt, wie sich die Mode in den ersten drei Jahrzehnten des 20. Jahrhunderts verändert hat. Über 130 Originalkostüme, Accessoires und Objekte aus dem Alltag der Menschen sind in Cromford ausgestellt.

 Mitarbeiter Christian Schwartz zeigt den Besuchern die Water Frame im Textilmuseum Cromford.

Mitarbeiter Christian Schwartz zeigt den Besuchern die Water Frame im Textilmuseum Cromford.

Foto: Blazy Achim

Auch für Kinder haben die Textilfabrik und das Herrenhaus in den Ferien viel zu bieten. Gestern fand eine Mit-Mach-Führung durch die Textilfabrik statt. Christian Schwartz erklärte die Entstehung eines Baumwollfadens vom Anpflanzen der Baumwolle bis zum Aufwickeln und Verdrehen des Fadens: "Baumwolle kommt eigentlich aus Indien und China. Die Pflanze braucht viel Feuchtigkeit und warme Temperaturen." Sobald die Kapseln an der Pflanze aufspringen, kann die Baumwolle geerntet werden.

Pauline (11) kommt aus Hamburg und besucht ihre Großeltern Ingeborg und Olaf Ganssen in Velbert. Sie hatte in der Fabrik zum ersten Mal frisch geerntete Baumwolle in der Hand: "Ich wusste wie Baumwolle aussieht, aber ich hätte nicht gedacht, dass sie so weich ist."

Danach versuchten die Kinder und ihre Begleiter, kleine Baumwollstücke zu kämmen und daraus einen Faden zu ziehen. Das sieht leichter aus, als es ist. "Man muss aufpassen, dass der Faden nicht zu dick wird. Er soll aber auch nicht reißen. Mit der Hand so einen Faden ziehen, ist natürlich die simpelste Art zu spinnen. Die Maschinen machen es aber letztendlich nicht anders, nur schneller und effektiver", erklärte Christian Schwartz.

Genau diese Maschinen präsentierte Schwartz in der Führung. Angetrieben vom großen Wasserrad spinnen die Maschinen aus der rohen Baumwolle ein festes und gleichmäßiges Garn. Ingeborg Ganssen war genauso fasziniert wie ihre Enkelin: "Es ist wirklich toll zu sehen, wie früher Garn hergestellt wurde. Das kann man sich heute ja gar nicht mehr vorstellen." Am Ende der Führung durften alle Teilnehmer fertig gesponnenes Garn als Andenken mit nach Hause nehmen. "Ich hätte nicht gedacht, dass man so viele Maschinen braucht, um einen Faden herzustellen. Das war wirklich interessant", sagte Pauline.

(ans)
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