Ratingen Auf Schatzsuche in St. Peter und Paul

Ratingen · Nach 1400 Jahren an ihrem Platz sollte die Pfarrkirche St. Peter und Paul eigentlich bis in den letzten Winkel erforscht sein. Ist sie aber nicht. Gerade ein vergleichsweise junges Kunstwerk gibt Rätsel auf.

 Die Ratinger Monstranz aus dem späten 14. Jahrhundert ist einem gotischen Turm nachempfunden.

Die Ratinger Monstranz aus dem späten 14. Jahrhundert ist einem gotischen Turm nachempfunden.

Foto: D. Janicki

Farben, Symbolik, Bildsprache, Architektur, Stadtgeschichte - wenn Hans Müskens durch St. Peter und Paul führt, gibt es in anderthalb Stunden sehr viel zu lernen über ein bedeutendes Kapitel Ratinger Kunstgeschichte. Trotzdem gibt die Kirche dem Mann immer noch Rätsel auf - obwohl er das größte und älteste Ratinger Gotteshaus seit seinen Jahren als Ministrant in der Nachkriegszeit bis in den letzten Winkel kennt. Und trotzdem: Keine Spur von Routine, aber ganz viel Neugier - das ist es, was die Besuchergruppe miterlebt. Oft sind es Dinge, die trotz ihrer Größe nicht auf den ersten Blick ins Auge fallen. So wie das jüngste Stück Kunstgeschichte, das seit November vergangenen Jahres in luftiger Höhe im südlichen Querschiff zu bewundern ist. Nicht nur Hans Müskens gibt das 1,75 Meter hohe und 1,20 Meter breite Gemälde Rätsel auf. Es zeigt die Himmelfahrt Christi. Klar ist allerdings, wie es in die Kirche gekommen ist. Dorothea Clostermann, Urenkelin des Angermunder Malers Heinrich Nüttgens, hat es der Gemeinde geschenkt. Der Platz, an dem es nun hängt, war ein Wunsch der Stifterin", sagt Müskens.

Der Maler, 1866 in Aachen geboren, 1951 in Angermund gestorben, hatte schon zu Lebzeiten besondere Bedeutung für die Ratinger Pfarrkirche. "Allerdings sind seine Malereien, in den Jahren 1925 und 1926 in St. Peter und Paul geschaffen, von Wänden und blinden Fenstern in den Chören im Zuge von Neugestaltungen übermalt worden", berichtet Müskens. Ein Teil wurde überdies im Zweiten Weltkrieg zerstört. Nach Auskunft der Stiftung Sammlung Volmer erfüllte Nüttgens "Aufträge zu Ölgemälden und Fresken für etwa 40 Kirchen im Rheinland und in Westfalen. Der größte Teil dieser Werke ist zerstört".

Müskens deutet das Bild "Himmelfahrt Christi" so: Gerade die Tatsache, dass Christus nicht selbst dargestellt ist, sondern die Bewegung der Jünger und der weiß gedeckte Tisch seine Nähe zum Ausdruck bringen, macht deutlich, dass der Maler in der Zeichenhaftigkeit einen modernen Weg wählt, die Glaubensaussage über Christi Himmelfahrt darzustellen." Obwohl die Arbeit des Malers gut dokumentiert ist, weiß man bis heute nicht, aus welchem Jahr das Werk stammt - ein Rätsel, das Hans Müskens noch lösen will.

Das Bild hängt in einer räumlichen Parallele zu einem weiteren Schatz der Kirche: dem Bild "Beweinung Christi" aus der Werkstatt des Rubens-Schülers Anton van Dyck. Ein bedeutendes flämisches Kunstwerk in Ratingen? Die Erklärung: Ordensfrauen hatten es auf ihrer Flucht vor französischen Revolutionstruppen mit nach Ratingen gebracht - und es als Geschenk dagelassen, als sie die Stadt wieder verließen. Erst viel später sollte sich herausstellen: Die Vorlage zu dem Bildnis "Die Beweinung Christi" stammt von dem flämischen Rubens-Schüler Anton van Dyck. Es entstand in der ersten Hälfte des 17. Jahrhunderts.

Exakt datiert ist dagegen der kunsthistorische Stolz der Kirche, die "Ratinger Monstranz" aus dem Jahr 1394. Die Stiftung des damaligen Pfarrers Bruno Meens entstand in einer Kölner Werkstatt, ging aus einem Reliquiar hervor. Sie ist im Stil eines gotischen Turms gehalten, eingearbeitet sind sechs Fenster, in denen Musikanten sitzen. "Es sind die insgesamt 42 Figuren, die diese Monstranz einzigartig machen", sagt Müskens.

In der Sakristei wartet schließlich eine letzte Rätselfrage auf die Besucher der Führung: Müskens hat aus dem 120 Jahre alten Tresor eine Reihe von goldenen Kelchen auf den Tisch gestellt. Die Frage: Welcher ist der älteste? Die richtige Antwort: Es ist der kleinste - und vergleichsweise unscheinbarste.

(RP)
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