Lintorf Alte Türme sind mehr als Ruinen

Lintorf · Heimatkunde steht bei den Grundschülern der Heinrich-Schmitz-Schule hoch im Kurs.

"Ich weiß jetzt, dass die Mauern des Dicken Turms 3,50 Meter breit und 13 Meter hoch sind. Im Trinsenturm befindet sich jetzt ein Spielzeugmuseum. Der Kornsturm heißt nicht so, weil dort das Korn gelagert wurde, sondern weil der Turm einer Familie gehörte, die mit Nachnamen 'Korns' hieß ..... ", schreibt Frida in ihr Geschichtenheft. Sie besucht die vierte Klasse der Heinrich-Schmitz-Grundschule in Lintorf. Dort ist es üblich, regelmäßig über Ereignisse zu schreiben, die man erlebt hat, wie beispielsweise bestimmte Schulveranstaltungen oder Ausflüge.

Frida schrieb über einen Ausflug nach Ratingen. Zusammen mit ihren Klassenkameraden und ihren Lehrerinnen, Meike Grothe und Barbara Pütz, besichtigte sie dort historische Stätten, wie die Stellen der ehemaligen Stadttore, die Türme, bedeutende Häuser oder die Stadtmauer. Die Kinder wurden auf die frühere und heutige Bedeutung der Häuser hingewiesen, zum Beispiel, dass das Gebäude des heutigen Kinos (zusammen mit den Räumlichkeiten der VHS) früher einmal ein Kloster war, nämlich ein Konvent der Franziskanerminoriten in Ratingen. Einen offiziellen Stadtführer brauchten sie nicht. Grothe führt die Viertklässler bereits seit 16 Jahren durch die Dumeklemmerstadt und hat sich seither ein breites Sachwissen angeeignet. Zusätzlich zu diesem Stadtrundgang wurde noch das LVR-Industriemuseum Textilfabrik Cromford besucht, wo u.a. die von Johann Gottfried Brügelmann erbaute erste Fabrik Europas bewundert werden kann. Bevor es allerdings in die Stadt ging, wurde Ratingen mit seiner Geschichte im Sachunterricht ausführlich behandelt. Gut drei Wochen wurde das Thema im Sachunterricht erschlossen. "In Form einer Werkstatt mussten die Kinder in unterschiedlichen Sozialformen Aufgaben zu dem Thema bearbeiten. An die Hand bekamen sie Texte, Kartenausschnitte und Broschüren. Auch das Internet wurde einbezogen. Die Homepage der Stadt Ratingen und 'wikipedia' wurden beispielsweise zurate gezogen. Viele Kinder brachten bereits ein gutes Vorwissen zu den Themen mit. Sie alle waren sehr interessiert und engagiert beim Thema. Der eine oder andere kannte auch die Ratingen-Stadtrallye, zu der die Stadt ein Heft mit Fragen und Suchaufträgen anbietet", berichtete Pütz.

Damit die Schüler ihre Heimat besser kennenlernen können, arbeiten sie und ihre Kollegin übrigens von "Klein nach Groß". "Vor 'Ratingen' haben wir uns mit dem Thema 'Lintorf' beschäftigt, jetzt sind wir derzeit mitten im Thema 'Nordrhein-Westfalen' ", erklärte Pütz. Und im März wird die ganze Schule im Rahmen einer Projektwoche "Eine Reise um die Welt" antreten, natürlich nur vom Klassenzimmer aus. Bis nach dem Zweiten Weltkrieg war Heimatkunde in Deutschland ein anerkanntes Zentralfach des heimatkundlichen Gesamtunterrichts der Grundschule. Erst Ende der 60er Jahre wurde das Fach zuerst durch Sachkunde und später durch Sachunterricht abgelöst. Es wurde kritisiert, dass sich 'Heimatkunde' zu sehr auf ideologische Überfrachtung und geografische Enge beziehe, und dafür zu wenig Wissenschaftlichkeit und Betrachtung der Probleme der Gegenwart zeige. Im Sachunterricht sollen die Schüler nunmehr angeregt, gefördert und unterstützt werden, sich kritisch mit ihrer Mit- und Umwelt auseinanderzusetzen.

(mvk)
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