Radevormwald Wert des Gesprächs hat eine große Bedeutung

Radevormwald · Einer der bekanntesten SPD-Politiker, Franz Müntefering, referierte in der Martini-Gemeinde in der Reihe "Kirche im Gespräch" über die Mitgestaltung von Gesellschaft und die soziale Verantwortung.

 Franz Müntefering beschäftigt sich mit Generationenfragen, treibt aber auch wie hier in Rade Sport, um körperlich fit zu bleiben.

Franz Müntefering beschäftigt sich mit Generationenfragen, treibt aber auch wie hier in Rade Sport, um körperlich fit zu bleiben.

Foto: Kreissportbund Oberberg

Es ist erst ein paar Wochen her, da eröffnete Franz Müntefering den ersten Seniorensporttag. Jetzt war er zurück in der Stadt auf der Höhe, um in der Martini-Gemeinde über die Frage "Wie wollen wir morgen leben, und was können wir heute dafür tun?" zu sprechen. Die Vortragsreihe "Kirche im Gespräch" nutzt die Gemeinde regelmäßig dazu, um Persönlichkeiten aus Politik oder Kultur einzuladen und die Gemeinde für Besucher und neue Zuhörer zu öffnen.

Der Besuch von Franz Müntefering stand schon lange auf dem Programm. "Wir freuen uns sehr, weil er offen und spontan redet", sagte Pfarrvikar Florian Reinecke. Den Weg in die Gemeinde hat Franz Müntefering dank Gerlach Bente, der sich federführend um "Kirche im Gespräch" kümmert, gut gefunden. Bereits auf dem Weg vom Bahnhof stieg der Vorsitzende der Bundesarbeitsgemeinschaft der Seniorenorganisationen (BAGSO) ins Thema ein, das ihn seit Jahrzehnten beschäftigt: sozialer Wandel, soziale Verantwortung, Bildung und ein demokratisches Miteinander. "Als ich 30 war, hatte ich bereits Kinder, war verheiratet und mehr als zehn Jahre in der Sozialversicherung. Heute ist die Entwicklung anders. Viele Menschen treten in dem Alter ihren ersten Job an, der dann noch befristet ist", sagte Müntefering.

Dass sich die Bildungs- und Familienstrukturen verändert haben und Frauen mit Abitur und Studienabschluss meistens mit Mitte 30 ihr erstes Kind bekommen, stellt die Politik vor Herausforderungen. Müntefering rät jungen Menschen daher, sich früh über eine persönliche und berufliche Perspektive klar zu werden. "Zu viele sind voller Sorge. Die junge Generation zu unterstützen, ist eine riesige Herausforderung."

In seinem Impulsvortrag ging der ehemalige SPD-Vorsitzende aber nicht nur auf die Hürden der ersten Lebenshälfte ein. Auch Senioren müssen sich vielen Herausforderungen stellen, denen man am besten mit sozialen Kontakten begegnen könne. "Einsamkeit ist das größte Problem, das oft zu lange ignoriert wird. Ohne soziale Kontakte funktioniert nichts." Seiner Generation rät Müntefering, sich nicht vor neuen Medien und Technik zu verschließen, und der jungen Generation: Nicht den Wert von Gesprächen aus dem Auge zu verlieren. "Gespräche sind wertvoll und bereichern unser Leben. Das dürfen wir nicht aufgeben, sondern wir müssen sie fördern."

Genauso wichtig für den Zusammenhalt einer Gesellschaft seien ein Verantwortungsgefühl und ehrenamtliches Engagement. "Ohne Ehrenamt würde das Leben nicht funktionieren." Hans-Joachim Harnischmacher nutzte den Abend, um Müntefering nach dem Verständnis zwischen Alt und Jung zu fragen. "Wie kommen die Generationen besser zusammen? Müssen wir den jungen Menschen mehr Gehör schenken und von unserem hohen Ross runtersteigen?" Der BAGSO-Vorsitzende hat eine klare Einstellung: "Nur weil jemand alt ist, hat er nicht Recht. Nur weil jemand jung ist, hat er kein Unrecht. Wichtig ist eine Begegnung auf Augenhöhe."

Dr. Martin Ottenstreuer sprach den Rückgang von persönlichen Gesprächen an. "Viele Debatten werden online ausgetragen, das passiert auch in Radevormwald. Wie geht man damit um?" Franz Müntefering nimmt diesen Umstand ernst. "Im Internet wird viel ausgetragen und das oft ohne Höflichkeiten und mit falschen Fakten. Darauf muss man reagieren und versuchen, es mit persönlicher Konfrontation zu unterbinden."

(trei)
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