Radevormwald Vielen Mietern droht fristlose Kündigung

Radevormwald · Große Unruhe herrscht bei Betroffenen der von der Grundbesitzgesellschaft Altro Mondo betreuten Wohnanlagen an der Dietrich-Bonhoeffer- und Karl-Goerdeler-Straße. Dabei geht es um angebliche Rückstände auf den Mietkonten.

Die Formulierungen in den Schreiben klingen unmissverständlich. Weil die Mietkonten bei einigen Betroffenen der Wohnanlagen an der Dietrich-Bonhoeffer- und Karl-Goerdeler-Straße (Südstadt) angeblich Rückstände von 80 bis weit über 400 Euro aufweisen sollen, hat das Forderungsmanagement der Grundbesitzgesellschaft Altro Mondo aus Ronnenberg in der Nähe von Hannover, die neuer Eigentümer der Häuser ist, ihren ahnungslosen Mietern kurz vor Pfingsten ohne vorherigen Schriftwechsel in dieser Sache eine Mahnung mit Androhung der fristlosen Kündigung und gerichtlichen Geltendmachung geschickt.

Ein Mieter, der sich an die BM gewandt hat, soll zum Beispiel unverzüglich 83 Euro zahlen. Sollte er dies bis gestern nicht getan haben, würde er die fristlose Kündigung zugestellt bekommen. "Sie müssen für den Fall die Wohnung innerhalb von fünf Tagen besenrein übergeben", teilt Altro Mondo in dem Schreiben mit. Am Schluss des Briefes folgt noch der Hinweis: "Wer seine Miete nicht pünktlich bezahlt, muss lt. § 543 Abs. 2 Nr. 3 BGB mit einer fristlosen Kündigung rechnen. Eine vorherige Abmahnung ist nicht erforderlich."

"Hier herrscht nicht nur Unruhe unter den Betroffenen, sondern fast schon Panik, vor allem unter den älteren Herrschaften", berichtet der betroffene Mieter, der in den vergangenen Tagen viele Gespräche geführt hat. Manche Mieter würden seit 30 oder 40 Jahren in den Wohnungen in der Südstadt leben, "viele wissen überhaupt nicht, was sie jetzt machen sollen", sagt der Mann, der das Schreiben der Hannoveraner Firma, die die Häuser von zwei Zwangsverwaltern übernommen hatte, als "sehr ominös" bezeichnet. Er habe gehört, dass sich einige Mieter schon über einen Anwalt bei der Firma gemeldet haben. Grundsätzlich ist die Vorgehensweise von Altro Mondo in rechtlicher Hinsicht möglich, denn wer Mietrückstände auflaufen lässt, ist dazu verpflichtet, zu zahlen. Das sagt Rechtsanwalt Andreas Plewe vom auch für Radevormwald zuständigen Mieterverein Remscheid, Wermelskirchen und Umgebung. "Wir betreuen zurzeit einige Betroffene aus den Wohnanlagen, bei ihnen geht es um fehlende Nebenkostennachzahlungen, die noch von den Vorgänger-Zwangsverwaltungen stammen sollen. Wenn in den Schreiben von Mietkonten die Rede ist, kann dies die Nebenkosten durchaus mit beinhalten", sagt Plewe, dem bereits von einer Kollegin angekündigt wurde, dass sich in den kommenden Tagen weitere Rader Mieter bei ihm Rat einholen wollen. Nachzahlungen von Nebenkosten würden nach Angaben von Plewe aber in keiner Weise eine fristlose Kündigung rechtfertigen. "Aber natürlich muss jeder Fall einzeln geprüft werden", sagt der Anwalt. Auf jeden Fall gebe es einen großen Bedarf, die Nebenkosten zu kontrollieren.

Sein Tipp: Wer ein Drohschreiben von Altro Mondo bekommen hat, sollte sich sofort anwaltlichen Rat einholen. Wer Mitglied im Mieterverein ist, bekommt den sowieso, andere können Mitglied werden und erhalten auch sofort das Recht auf eine Beratung und Begleitung.

Plewe betont, dass einige Beträge, die die Firma einfordert, schon sehr fragwürdig seien. Außerdem kritisiert er den Umgang mit den Mietern. "So etwas macht man nicht mit Vertragspartnern. Da sollte die Firma schon die kooperative Variante wählen und versuchen, Probleme anders zu lösen", sagt Plewe. Drohungen könnten auch verklausuliert formuliert werden. "Mit der Androhung einer fristlosen Kündigung ist aber trotzdem nicht zu spaßen, die Betroffenen müssen handeln", sagt Plewe. Aber er kann die Mieter auch beruhigen: Selbst wenn eine fristlose Kündigung rechtlich zulässig wäre, käme diese erst nach einem Klageverfahren zur Umsetzung. "Niemand braucht Angst zu haben, dass ihm die Wohnung geräumt wird, denn das wäre hochgradig illegal", sagt Plewe. Auf Räumung müsse Altro Mondo auf jeden Fall klagen. Ernst nimmt der Fachanwalt die Drohungen dennoch. "Wir müssen uns rühren und sollten die Dinge schleunigst abklären", sagt er.

Auf eine von Altro Mondo am Telefon schriftlich geforderte Anfrage zwecks Stellungnahme gestern Mittag reagierte die Firma in Hannover bis Redaktionsschluss nicht.

(RP)
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