Radevormwald Studieren statt Neues zu probieren

Radevormwald · Das Studium ist beliebt wie nie zuvor. Einige Ausbildungsplätze sind unbesetzt.

 Die Ausbildung in Industriebetrieben ist weiterhin bei vielen jungen Leuten nicht beliebt. Sie ziehen ein Studium vor.

Die Ausbildung in Industriebetrieben ist weiterhin bei vielen jungen Leuten nicht beliebt. Sie ziehen ein Studium vor.

Foto: Arbeitsagentur/Isabella Raupold

Der Ausbildungsmarkt steht vor erheblichen strukturellen Herausforderungen. Im Oberbergischen Kreis waren bis Ende September 103 Ausbildungsplätze unbesetzt. Gleichwohl fanden 81 Ausbildungssuchende keine passende Stelle. Das zeigt die aktuelle Jahresbilanz der Ausbildung der regionalen Agentur für Arbeit. Für diesen vermeintlichen Widerspruch gibt es einen Hauptgrund. Während gut qualifizierte Bewerber zu wenig Arbeitsplätze finden, die ihren Interessen entsprechen, bekommen die Unternehmen viele Stellen kaum besetzt.

Stefan Krause, Vorsitzender der Geschäftsführung der Agentur für Arbeit Bergisch Gladbach, sagt: "Hier ist häufig ein Studium die Alternative." Auch Vera Lange, stellvertretende Geschäftsführerin der IHK Köln, weiß: "Eine klassische Berufsausbildung steht heute nicht mehr oben auf dem Wunschzettel der jungen Leute." Es gebe einen unübersehbaren gesellschaftlichen Trend zum Hochschulstudium. "Das ist aber nicht für jeden jungen Menschen die richtige Wahl. Die sehr hohen Abbruchquoten an den Hochschulen belegen dies", sagt Lange.

Aus Oberberg sind bei der IHK bis zum Stichtag 30. September genau 1082 neue Ausbildungsverträge eingetragen worden. Das sind 1,64 Prozent weniger als im Vorjahr. Der Großteil der ausbleibenden Verträge stammt aus dem industriell-technischen Bereich. "Wir wissen von vielen Unternehmen, dass es dieses Jahr schwieriger war, geeignete Bewerber für industriell-technische Ausbildungsberufe zu finden", berichtet Michael Sallmann, Leiter der IHK-Geschäftsstelle Oberberg in Gummersbach. "Viele der Schulabgänger sind nicht hinreichend auf das vorbereitet, was nach der Schule kommt, weder auf das Studium noch auf die vielfältigen Möglichkeiten, die zum Beispiel eine Duale Ausbildung liefert", sagt Sallmann.

Es sei daher dringend an der Zeit, diesen Trend mit systematischer, flächendeckender und betriebsnaher Berufsorientierung umzukehren, um dem Fachkräftemangel entgegenzuwirken. "Wir werden den jungen Leuten - aber auch Eltern und Lehrern - noch stärker vermitteln, dass eine klassische Berufsausbildung oder ein duales Studium mit einem Berufs- und Hochschulabschluss auch heute eine sehr gute und attraktive Wahl ist, um ins Berufsleben einzusteigen", sagt Michael Sallmann.

Marcus Otto, Hauptgeschäftsführer der Kreishandwerkerschaft Bergisches Land, weist darauf hin, dass Handwerker jede angebotene Möglichkeit nutzen sollten, ihre Ausbildungsangebote sichtbar zu machen, etwa durch Kooperationen mit Schulen.

Insgesamt sind im Ausbildungsjahr die Bewerberzahlen im Bezirk Bergisch Gladbach gesunken. Dafür haben wieder mehr Arbeitgeber ihre Ausbildungsplätze bei der Arbeitsagentur gemeldet. Im Vergleich zum vorherigen Ausbildungsjahr bleiben indes mehr Bewerber unversorgt und gleichzeitig weniger Ausbildungsstellen unbesetzt. 1637 Berufsausbildungsstellen waren bis Ende September gemeldet - ein Plus von 8,4 Prozent zum Vorjahr. Davon blieben insgesamt 103 unbesetzt, das entspricht 11,2 Prozent weniger. 20,9 Prozent mehr Ausbildungssuchende blieben unversorgt, nämlich 81. Diese sind oftmals für die unbesetzten Stellen nicht qualifiziert genug. Auch hier besteht ein strukturelles Ungleichgewicht beim Ausbildungsmarkt.

(her)
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