Radevormwald Schüler lehnen eine Ausbildung früh ab

Radevormwald · Wenn es um das Thema Ausbildung geht, sei es für Firmen oftmals nicht einfach, sich Schülern attraktiv zu präsentieren, meint Regina Wallau, Pressesprecherin der Agentur für Arbeit mit Sitz in Bergisch Gladbach. Werbung sei teuer, kleine Maßnahmen fielen nicht auf. "Für größere Aktionen sollten sich verschiedene Firmen zusammenschließen", rät Wallau.

Ihre Erfahrung: Die Tendenz geht dahin, dass immer mehr Schüler eine Berufsausbildung frühzeitig ausschließen und ein Studium anstreben. "Schon in der Grundschule werden Schüler darauf vorbereitet, dass sie zum Beispiel nach einem Realschulabschluss weitere höhere Abschlüsse wie das Fachabitur erlangen können", sagt Wallau.

Eine Studie der Prognos AG im Auftrag der Bertelsmann-Stiftung prognostiziert, dass im Jahr 2030 nur noch 400.000 junge Menschen eine Berufsausbildung beginnen werden, wenn sich der Trend zum Studium aus den vergangenen zehn Jahren ungebrochen fortsetzt. Das wäre ein Rückgang um 17 Prozent. "Die Hochschulen hingegen werden kaum Studienanfänger einbüßen", lautet das Ergebnis der Studie.

Die Mehrzahl der Schüler, die auf das Abitur zugehen, streben ein Studium an, sagen Matthias Fischbach-Städing, Leiter des Theodor-Heuss-Gymnasiums, und Werner Kronenberg, Leiter des Engelbert-von-Berg-Gymnasiums in Wipperfürth. "Vereinzelt machen sie auch zuerst eine Ausbildung, um später mit den erworbenen Kenntnissen zu studieren", berichtet Fischbach-Städing.

Norbert Kemper, Schulleiter des Wipperfürther St. Angela-Gymnasiums, kann einen "Trend zum Studium" hingegen nicht feststellen: "Ich merke, dass viele Abiturienten ein soziales Jahr nutzen, um ins Ausland zu gehen. Das ist keine Flucht vor der heimischen Wirtschaft. Sie nutzen die Zeit, um Erfahrungen zu sammeln." Dass das Handwerk für Schulabgänger unattraktiv sein könnte, denken alle drei Schulleiter nicht. "Weder lokal noch regional", sagt Kronenberg.

"Viele Schüler wissen nicht, dass es bei uns weltweit bekannte Firmen gibt", meint Wallau. Sie berichtet, dass dennoch einige den Weg zum Handwerk bei Ausbildungsbasaren und ähnlichen Veranstaltungen, wie sie das Berufskolleg Bergisch Land anbietet, entdecken. "Es ist wichtig, dass die Schüler Tätigkeiten und Berufe ausprobieren. Wenn sie selbst mal eine Rose aus Marzipan formen können, stellen sie einfacher fest, ob der Konditorenberuf etwas für sie ist, als wenn sie nur Werbeflyer in die Hand gedrückt bekommen", sagt Regina Wallau.

Susanne Hartmann von der Industrie- und Handelskammer zu Köln (IHK) weist darauf hin, dass es neben den klassischen Ausbildungsberufen wie Bürokaufkraft oder Kfz-Mechatroniker andere attraktive Ausbildungsberufe mit guten Aufstiegschancen gibt. "Viele Schüler sind nicht gut informiert", sagt Hartmann. Per "IHK-Ausbildungshotline" fanden kurz vor Beginn des Ausbildungsjahrs 191 junge Menschen noch einen Platz.

Regina Wallau macht auch auf Aufstiegschancen in Handwerk aufmerksam: "Ein Dachdecker ist auch Klimatechniker. Da bieten sich viele Möglichkeiten."

Ausbildungsberater der IHK: Tel. 0221 1640-660, E-Mail: ausbildung@koeln.ihk.de.

(RP)
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